Hallo Volker,
wie ich dir nach erfolgter Inbetriebnahme versichern kann, ist deine Entscheidung, trotz aller Missgeschicke mit der Restaurierung deiner LV 720 weiterzumachen, genau richtig.
Aber der Reihe nach:
Das Montieren der separat erstandenen Lautsprecherfüße werde ich in Ruhe zu einem späteren Zeitpunkt durchführen. Daher galt es zunächst, einen geeigneten Untersatz zu finden. Fündig wurde ich in unserem Schlafzimmer in Form von zwei zu Nachttischen degradierten "Ulmer Hockern". Sie passen nicht nur von der Größe her sehr gut; sie entstammen zudem derselben (Ulmer) Designschule wie viele HiFi-Geräte aus dem Hause Braun.
Zum Ansteuern der LV 720 habe ich mich anstelle des CES 1020 zunächst für meinen Lyngdorf-Vorverstärker entschieden, zumal die Brauns sich aufgrund kurbedingter Abwesenheit meiner FM 303 vorerst in unserem Wohnzimmer austoben dürfen.
Wie das, zumindest bei mir, immer mit neuen Sachen ist, geschah nach dem Anschluss der LV 720 an meinen Lyngdorf VV erst einmal - nichts. Aha, dachte ich, schade um das teure Adapterkabel, das ich mir extra hatte anfertigen lassen, um mit der Steuerspannung des Lyngdorf die Lautsprecher ein- und ausschalten zu können. Aber ich hatte es schon befürchtet: der Einschaltspannung der LV 720 ist im Elektroplan mit 30 V angegeben, der Lyngdorf stellt aber nur 12 V bereit - zu wenig anscheinend, um die LV 720 aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken.
Naja, wäre auch Luxus gewesen. Zum Einschalten gibt es ja noch den Netzschalter. Mit einem leisen "Blopp" signalisierten mir die Brauns ihr Erwachen. Na endlich! Aber dann kam die nächste Überraschung: nur aus einem Lautsprecher kamen Töne. Die NF-Kabel hin und her gesteckt (vorher immer schön Ausschalten und unbedingt ein paar Sekunden warten!), dann war klar: nicht umsonst gibt es zwei Eingänge, jeweils einen für den linken und den rechten Kanal. Nachdem auch dies geklärt war, konnte es endlich losgehen.
Was soll ich sagen? Die LV 720 legten direkt los wie der Wirbelwind - der Vorbesitzer hatte sie nach eigenen Angaben auch regelmäßig genutzt, was der Elektronik offenkundig gut bekommen ist. Sofort war ein satter Sound da, der andeutet: unterschätzt mich nur nicht! Beeindruckend auch, wie weit man mit der Lautstärke hochgehen kann, ohne dass es lästig wird. Die Klangfarben sind für mich als Silbersand-Hörer indes doch etwas stark aufgetragen und insbesondere der ungeregelte Bass lässt die gewohnte Präsision vermissen. Aber trotzdem: Hut ab, sie macht wirklich großen Spaß!
Dann wollen wir mal sehen, so dachte ich, was RoomPerfect noch herzauskitzeln kann: flugs das Messmikro aufgebaut, Kabel an den Lyngdorf angeschlossen, die Messung gestartet und wieder - nichts. Keine Messung. Erst Mikro getauscht und dann das XLR-Kabel und siehe da, es hatte wohl einen Kabelbruch. Also auf zum Music Store nach Köln, den ich mit quietschenden Bremsen um 5 Minuten vor Ladenschluss erreichte und 10 m Mikrofonkabel besorgt; dann wieder zurück. Nach 5 Messungen war der Korrekturfilter kalkuliert und RoomPerfect konnte aktiviert werden.
Was für ein Unterschied! Der Bass wird jetzt straff an die Leine genommen und alles klingt für mich richtiger, zumal jetzt auch die zuvor etwas vermissten Feinheiten da sind. Beim Umschalten auf "Bypass" merkt man schon am Lautstärkeunterschied, wie stark die Korrektur ausfällt: mit Filter tönt es merklich leiser, ein Zeichen dafür, wie sehr der Filter die "Peaks" absenkt.
Den Unterschied zwischen "ohne" und "mit" Korrekturfilter möchte ich so beschreiben: Ohne Filter ist die LV 720 eine Spaßbox mit hohem Anmachfaktor. Mit Filter wird sie zu einem ernsthaften Abhörinstrument, mit dem ich heute bereits mehrere Stunden entspannt Musik genießen durfte. Da die LV 720 demnächt in mein Arbeitszimmer wandern wird und ich sie dort über PC + USB-Schnittstelle + Braun Vorverstärker CES 1020 anzusteuern beabsichtige, werde ich sie mit Acourate einmessen, was nach meinen bisherigen Erfahrungen mindestens denselben Qualitätssprung wie RoomPerfect bringen wird.
Und nun kommen wir zum wichtigsten Teil dieser Besprechung, dem Preis-/Leistungsverhältnis: Mit Adapterkabeln habe ich € 250,00 investiert. Ich möchte die Lautsprecher/Endstufen-Kombination im Neupreisbereich bis zu € 2.500 hören, die hier mithalten kann. Und bezieht man das Design in die Gesamtbetrachtung mit ein,
dann ist die Braun LV 720 fast* unschlagbar!
*endgültig unschlagbar dann, wenn Michael sie nach Gerts Vorgaben überarbeitet hat; aber man muss ja noch Ziele haben.
Volker, du solltest also unbedingt dran bleiben.
Viele Grüße
Rudolf