Sensorregelung: Verfahren, Messung und Hörbarkeit

Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo,

eine einfach gehaltene, aber leider nicht genau definierten Frage, erzeugt vielfältige Stellungnahmen:
Peter (pschelbert) fragt eingangs: Welche Boxen sind aktiv geregelt?

Frank geht bei seiner Antwort davon aus, daß Peter nach sensor- bzw. stromgeregelten LS fragt.

Musikgeniesser (Peter) spricht anschließend von membran- bzw. mikrofongeregelten LS.

Rolands Antwort bezieht sich dann allgemein auf Regelungen und ihre Auswirkungen, er erklärt, daß man ungeregelt zu ähnlichen Ergebnissen kommen kann.

Oliver sieht in der geringeren Belastung des Systems durch BR Lösungen oder mehrere Chassis eine solche Möglichkeit, geringere nichtlineare Verzerrungen zu erreichen.
Einige der weiteren Beiträge erinnern dann stark an alte Zeiten, wo das Forum gelegentlich einem Boxring glich.

In der Sache, die hier aber eingangs nicht Thema war, geht es doch wohl um die Notwendigkeit und Auswirkungen der Sensorregelung.
Gert hat über die Wirkungsweise einer sensorbasierten Regelung eines LS-Chassis geschrieben:

Ich möchte vielmehr in unserem Ansinnen fortfahren, die Vorgänge in einem geregelten Lautsprecher besser zu verstehen. Und möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass mir dabei jeglicher missionarischer Eifer fehlt. Meine Intension ist vielmehr, diejenigen, die an den technischen Zusammenhängen interessiert sind, sie aber noch nicht so genau kennen, mitzunehmen.

Später sagt er:

....ich möchte nicht verschweigen, dass man die hier gezeigte Wirkungsweise der Regelung auch gut mit einer Vorsteuerung hinkriegen kann. Wer wüsste das besser als ich - mit analogen Vorsteuerungen habe ich mich lange Jahre intensiv beschäftigt. Auch eine digitale Vorsteuerung kann das natürlich, muss dann aber für jeden Lautsprecherzweig mit eigenen (FIR-) Korrekturfiltern aufwarten.

....Vorteil der Regelung ist es, nichtlineare Abweichungen ausbügeln zu können. Die größten nichtlinearen Abweichungen gibt es beim Tieftöner, da er den größten Hub macht und die größte Leistung umsetzen muss. Deshalb hat hier die Regelung auch die größten Vorteile.

....gegen partielle Membranschwingungen bist Du mit der Regelung machtlos.

Deshalb: gegen Partialschwingungen hilft eine steife Membran mit hoher innerer Dämpfung, und eine niedrige Einsatzfrequenz der Treiber. Das geht aber erst mit Regelung richtig gut, weil man sich sonst nicht getrauen könnte, z. B. einen Mitteltöner bis zu seiner Resonanzfrequenz runter zu betreiben.

....merkt man, dass der geregelte Lautsprecher die Chassis bei ganz anderen, nämlich tieferen Einsatzfrequenzen betreiben kann
Klaus (KSTR) hat ergänzend angemerkt:

Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Regelung zwei Dinge leisten kann:
- möglichst perfekter Betrieb bis an die verschiedenen limitierenden Grenzpunkte
- und wichtiger noch, Stabilisierung aller Betriebsparameter.

Weil, wenn (und nur wenn) die Chassisparameter usw. sowohl kurz- wie langzeitmäßig unter allen Bedingungen stabil sind (also exakte, bekannte Werte haben und beibehalten), dann kann eine reine Steuerung (incl. einer linearen-FIR-Vorausentzerrung) das gleiche leisten wie eine Regelung, eben das Herstellen des gewünschen komplexen Frequenzganges (auch durch lineare Vorausentzerrung, veränderlich Ausgangsimpedanz der Endstufe, usw).
Ich habe dazu 3 Fragen:

Stimmt es, daß ein geregelter LS weniger nachschwingt als ein ungeregelter, wenn er z.B. den Kick einer Bass-Drum wiedergibt.

Stimmt es, daß er damit kürzer auf den Raum einwirkt und diesen folglich weniger stark anregt?

Ist man bei BR Lautsprechern eigentlich weniger an einer Ausdehnung des Frequenzbereiches nach unten interessiert, sondern mehr an der verringerten mechanischen Belastung des Chassis?

Gruß

Bernd Peter
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RPWG
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Beitrag von RPWG »

Bernd Peter hat geschrieben:Stimmt es, daß ein geregelter LS weniger nachschwingt als ein ungeregelter, wenn er z.B. den Kick einer Bass-Drum wiedergibt.

Stimmt es, daß er damit kürzer auf den Raum einwirkt und diesen folglich weniger stark anregt?
Hallo Bernd Peter,

Das ist zunächst einmal nur von der Systemantwort abhängig. Wie diese erreicht wird, ist erst einmal wurscht, denn z.B. die mechanische Resonanz mit fg=20 Hz und Q=0.71 (Butterworth) einer geschlossenen Box schwingt auf ein bekanntes Eingangssignal eben so ein bzw. aus, wie sie es tut, egal wie dieses Verhalten erreicht wurde. Das ist die LTI- / lineare Betrachtungsweise, die Klaus (KSTR) in der von dir zitierten Passage angesprochen hat.

Grüße
Roman
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Hallo Bernd Peter,

Roman ist zum Teil schon auf Deine Fragen eingegangen und ich möchte diese noch aus meiner Sicht beantworten.
Bernd Peter hat geschrieben:
...

Ich habe dazu 3 Fragen:

Stimmt es, daß ein geregelter LS weniger nachschwingt als ein ungeregelter, wenn er z.B. den Kick einer Bass-Drum wiedergibt.
Nein das stimmt nicht, denn wie Roman schrieb, hängt das nur vom Übertragungsverhalten ( Frequenzgang ) des Lautsprechers ab, egal wie das erreicht worden ist.
Bernd Peter hat geschrieben:Stimmt es, daß er damit kürzer auf den Raum einwirkt und diesen folglich weniger stark anregt?
Auch das stimmt nicht, denn das Verhalten im Raum wird durch dessen Eigenschaften bestimmt, und die sind für alle Lautsprecher gleich. Allerdings, insbesondere im Bassbereich ( < 200Hz ) kann durchaus die Abstimmung im Bass ( egal ob geregelt oder nicht ) Einfluss darauf haben wie stark Raummoden angeregt werden. Üblicherweise haben geschlossene Boxen da eher ein Problem, da sie zu tiefen Frequenzen flacher im Pegel abfallen und somit theoretisch die Raummoden stärker anregen.
Bernd Peter hat geschrieben:Ist man bei BR Lautsprechern eigentlich weniger an einer Ausdehnung des Frequenzbereiches nach unten interessiert, sondern mehr an der verringerten mechanischen Belastung des Chassis?

Gruß

Bernd Peter
Auch mit BR kann man sehr tief nach unten gehen. So z.B. ist mit dem Tieftöner den ich in der STELLA benutze mit einer BR Abstimmung problemlos untere Eckfrequenzen von ca. 23Hz zu erreichen. Tatsächlich besitzen BR Boxen den Vorteil, dass die Tieftönermembran im Abstimmungsbereich ( Resonanzfrequenz ) theoretisch kein Hub machen muss. Das entlastet den Tieftöner von starken mechanischen Hüben mit den Resultat, dass es weniger Klirr gibt. Das macht sich auch zum Beispiel in 2-Wege Systemen positiv bemerkbar, bei denen typischerweise die Tieftöner auch noch den Mittelton wiedergeben müssen. Kritisch wird es bei BR-Boxen erst, wenn man sie unterhalb von der Resonanzfrequenz einsetzen möchte. Da gibt es praktisch immer das famose "Pusten" im Bass. Es wird am Geschick des Entwicklers liegen, wie er die Boxen abstimmt, so dass das übliche Musikspektrum gut wiedergegeben wird.
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo,

ich danke euch beiden für die Stellungnahmen.

Da habe ich mit meiner - zwar nicht sensorgeregelten - Focus XD 200 eine gute Wahl getroffen, wenn Dynaudio die aufgezeigten Vorteile eines BR Lautsprechers mit digitaler Entzerrung technisch sauber umgesetzt hat. :cheers:

Mein Höreindruck sagt ja.

Gruß

Bernd Peter

PS: wichtig ist ein ordentlicher Abstand zur Rückwand, um das bekannte BR Gewummere bei rückwärtiger Reflexrohrführung abzustellen.
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Edit:
Bernd Peter hat geschrieben: PS: wichtig ist ein ordentlicher Abstand zur Rückwand, um das bekannte BR Gewummere bei rückwärtiger Reflexrohrführung abzustellen.
@Bernd Peter
Das hat nicht primär mit BR zu tun:
Hat der LS in einem bestimmten Frequenzbereich zuviel Schalldruck (für den Aufstellungort) oder steht er ungünstig, so müsste er auch als "vergleichbare geschlossene Box" vorgerückt oder DSP-korrigiert werden. Gewisse Wandabstände bei "BR auf Rückseite" sind jedoch auch wichtig, um den Volumenstrom nicht zu behindern (kann sonst im Extremfall tatsächlich zur "Fehlabstimmung" führen).

Edit: @Cay Uwe
Dein Post war kurz zuvor fertig, ich lasse "Überlappungen" einfach bestehen, Widersprüche sehe ich keine ...


Hallo Roman,

volle Zustimmung zu Deinen Antworten, viel mehr fällt mir dazu nicht ein.

Deshalb primär nur noch zu BR-Systemen:
Bernd Peter hat geschrieben: ...
Ist man bei BR Lautsprechern eigentlich weniger an einer Ausdehnung des Frequenzbereiches nach unten interessiert, sondern mehr an der verringerten mechanischen Belastung des Chassis?

Gruß

Bernd Peter

Hallo Bernd Peter,

mit einem BR-Lautsprecher ist zunächst einmal ein größeres Produkt aus Wirkungsgrad x Bandbreite möglich, ebenso eine Erhöhung der mech. Belasbarkeit in einem Bereich um die Abstimmfrequenz, der enger oder breiter ausfallen kann.

In welchem Umfang diese Eigenschaften erreicht werden und wie sie genutzt - d.h gegeneinander abgewogen - werden, hängt vom Entwicklungsziel ab.

Dies dürfte beim Einsatz im akustisch kleinen Raum (-> "HiFi") tendenziell anders zu beantworten sein, als beim Einsatz im Freien oder in großen Hallen (-> "PA-Bereich").

Sehr vereinfachend: Abstimmungen, die - z.B. bei gleichem Tieftöner - vorrangig nur auf erhöhten maximalen Pegel abziehlen, gehen oft zu Lasten des Einschwingverhaltens(*). Abstimmungen, welche eher auf Erweiterung des Frequenzgangs "nach unten" abzielen, können ein Einschwingverhalten ähnlich wie geschlossene LS erreichen: Hier gibt es einen "Überlappungsbereich".

Man kann auch in Richtung "kleinere Box" bei "vergleichbaren Eckdaten" gehen, die dann auch eine geringere Membranfläche aufweist. Das macht die Membran - bei vergleichbarem Aufbau - stabiler gegen Partialschwingungen z.B. im Mitttelton und lässt ebenso das Gehäuse in Relation steifer werden bei gleicher Plattenstärke.

Mögliche Richtungen, einen verbesserten Wirkungsgrad, höhere Bandbreite und höhere mech. Belastbarkeit gegeneinander abzuwägen, sind dem Entwickler überlassen. Man kann also ausgehend von einem bestimmten Format (z.B. einer geschossenen "Vergleichsbox")

sowohl

- die untere Grenzfrequenz unter Beibehaltung des maximalen Pegels "nach unten schieben"

als auch / oder

- bei vergleichbarer unterer Grenzfrequenz - und teils vergleichbarem Rolloff Verhalten - die mechanische Belastung für den Treiber senken (**)


Jede Abwägung innerhalb sinnvoller Grenzen ist dabei möglich. Für den Einsatz in akustisch kleinen Räumen ist meist eine Grundauslegung mit "sanftem Tieftonabfall" (im Freifeld) und gutem Einschwingverhalten (im Freifeld) zu empfehlen, die dann mittels "DSP-Hörplatzkompensation" noch für den Raum und das konkrete Setup angepasst werden kann.

Der Raum "sieht" für seine Antwort eine "Volumenquelle" (ein Verschiebevolumen), welches ihn anregt. Aus Sicht des Raums ist es viel entscheidender, welche Richtcharakteristik (Monopol: Nur eine Volumenquelle, kugelförmige Abstrahlung) die Tieftonquelle hat und wo sie platziert ist.

Der Raum kann "BR-Systeme" und "geschlossene" diesbezüglich nicht unterscheiden. Bei vergleichbarer Anregung des Raums fielen sogar "merkliche" Unterschiede im (Freifeld-) Einschwingverhalten der anregenden Systeme selbst kaum auf, weil ihre Dämpfung sehr viel höher ist, als die der Eigenmoden des Raums (***). Das trifft selbst für Systeme mit etwas "schludrigem" Einschwingverhalten noch zu, die man aber ohnehin (bei gehobenem Qualitätsanspruch) nicht einsetzen wird.

Denn man wird vernünftigerweise in akustisch kleinen Räumen BR-Konstruktionen einsetzen, die einen sanften Tieftonabfall und niedrige Abstimmfrequenz (dadurch eine niedrige erreichbare untere Grenzfrequenz im Raum) aufweisen: Solche Abstimmungen stehen selbst im Freifeld dem Ein-/Ausschwingverhalten geschlossener Systeme de Facto nicht nach.

_________________

(*) Modifikationen durch Aktivaufbau und Einsatz von Filtern lasse ich zunächst weg.

(**) Was mit einen erhöhten maximalen Pegel bei gegebener Grenze im akzeptierten Klirrfaktor einhergeht. Die Begrenzung des Chassis verschiebt sich dann graduell mit der Abstimmung von "mechanisch" (Auslenkung) nach "elektrisch" (thermische Belastung der Schwingspule)

(***)
Bernd Peter hat geschrieben:...
Stimmt es, daß er damit kürzer auf den Raum einwirkt und diesen folglich weniger stark anregt?...
Es ist/wäre also ein Missverständnis, man könne den Raum mit einer Tieftonquelle, die "besonders gutes Einschwingverhalten" habe (etwa einem System mit aperiodischer Dämpfung Q=0.5) "nur kurz" anregen, und der Raum würde dann seinerseits "entsprechend" reagieren. Die Systemgüten (1) typischer Lautsprecher und diejengen von Moden akustisch kleiner Räume im Tiefton unterscheiden sich typischerweise um eine ganze Größenordnung. Deshalb ist diese (Wunsch-) Vorstellung unzutreffend.

(1) Energie, die ein System pro Schwingungsperiode speichert "geteilt durch" /
Energie, die ein System pro Schwingungsperiode abgibt

Diese Systemgüten liegen bei LS z.B. um 0.6 bis 1, bei Eigenmoden von Räumen jedoch leicht um 10 oder höher. Damit ist klar, daß für eine "präzise Tieftonwidergabe" in Räumen ganz andere Strategien erforderlich sind, als den Raum nur mit einer Quelle anzuregen, die "gutes Einschwingverhalten im Freifeld" aufweist.
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Oliver,

es dürfte damit klar sein, daß die üblichen Vorurteile gegenüber BR Systemen zutreffend sein können,
Cay Uwe schrieb:
Kritisch wird es bei BR-Boxen erst, wenn man sie unterhalb von der Resonanzfrequenz einsetzen möchte. Da gibt es praktisch immer das famose "Pusten" im Bass.
aber nicht müssen.

Der erfahrene LS Entwickler wird - wie du es beschrieben hast - über den Einsatzzweck die Wirkweise festlegen.

Das kann zu ähnlichen Vorteilen führen wie bei der Sensorregelung, diese wird aber wohl größere Frequenzbereiche abdecken und exakter arbeiten, oder?

Gruß

Bernd Peter
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo in die Runde,

dass sich die Bassreflex-Fraktion hier mit lauter themenfernen Beiträgen in den Vordergrund drängt, dürfte vor allem mit kommerziellen Interessen zu tun haben, d.h. der Zweck einer Bassreflexbox ist vor allem, die Gewinnmarge zu maximieren, indem man den auf der Membranrückseite entstehenden Schall möglichst sinnvoll nutzt. Die Entwicklung guter geregelter Lautsprecher ist dagegen sehr aufwändig..

Bei dieser ganzen Diskussion sollte jedem klar sein, dass es bei der Membranregelung genau um die letzten 10 % geht, die immer so schwer zu kriegen sind. Wenn Oliver z.B. schreibt, dass die Einschwingvorgänge im Raum sowieso länger brauchen als die im Innern seiner Bassreflexbox, könnte ja fast der Eindruck entstehen, eine Regelung, die solche Einschwingvorgänge auf Seiten der Box reduziert/vermeidet, bringt nichts. Das ist eben falsch, sondern genau um das Thema geht es hier. Die 10 % Energieersparnis der Brennwerttherme sind eben auch nicht egal, siehe meine Beiträge weiter oben. Tatsächlich würde sogar eine Bassreflexbox von der Membranregelung profitieren.

Ich würde es - ehrlich gesagt - als Beleidigung für meinen Verstand empfinden, wenn mir jemand eine Box als High-End anbietet, die auf der Rückseite ein Loch hat. Das gehört doch eher in die Kategorie "AEG 4710", die beim Real für 149,- € das Paar steht. Eine High-End Box hat heutzutage mindestens eine Passivmembran, besser noch ein Chassis mit Antrieb auf der Rückseite bzw. besser noch ein geregeltes Chassis auf der Rückseite. Das sind die Boxen, die mich interessieren.

Grüße,
Dieter T.
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Hallo Dieter

Obwohl ich ja erwiesenermaßen auch ein Fan von aktiv sensorgeregelten Lautsprechersystemen bin, sollte man Bass-Reflex Lautsprecher nicht von vorne herein verteufeln.

Auch mit diesem Verfahren kann man recht brauchbare Lautsprecher bauen.

Sie haben vor allem dort Vorteile , wo es auf großen Schalldruck im tiefen Frequenzbereich geht.

Da haben BR Lautsprecher klar einen Vorteil. Allerdings werden BR Lautsprecher dann schon recht voluminös.

Aber wenn ich mir Lautsprecher wie BM40 anschaue, sind das ja auch nicht gerade Kompaktlautsprecher.

Sensorgeregelte Lautsprecher machen einen das Entwicklerleben allerdings gehörig leichter.

Vor allem dann, wenn man bei gegebener Gehäusegröße einer Kompaktbox den Frequenzgang nach unten ausweiten möchte, wenn auch auf Kosten des maximal erzielbaren Schalldruckes.

Ich würde auch mal behaupten , das man es bei einer Sensorregelung auch einfacher hat, den Klirrfaktor und die Ein und Ausschwingvorgänge zu minimieren. Das soll aber nicht bedeuten, das man es bei einer BR oder Hornsystem nicht könnte.

Ob ein BR System sich Sensorregeln lässt vermag ich ehrlich gesagt nicht zu beurteilen, da das Sensorsignal sehr kritisch auf plötzliche Phasendrehungen durch den Antrieb reagiert. ( Partialresonanzen ! )

Ich bin mir nicht sicher ob ein Sensorsignal welches von einen BR-Treiber gewonnen wird eben durch das BR Prinzip nicht ebensolche Phasendrehungen erfährt, welches eine Regelung ungemein erschweren würde.
Denn meines Wissens wird durch das BR Prinzip ein zweite Resonanz bei etwa der halben Chassisresonanz erzeugt, durch welches der Frequenzgang nach unten ausgeweitet wird, um dann unterhalb der BR Resonanz um so steiler abzufallen.

Ralph Berres

Aber dazu können andere ja hier was zu sagen.
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

dietert hat geschrieben:Hallo in die Runde,

dass sich die Bassreflex-Fraktion hier mit lauter themenfernen Beiträgen...
@dietert

Es wurden hier im Thread vor allem Fragen beantwortet. Hier waren es m.E. Fragen von @Bernd Peter, die offenbar nicht nur ihn allein interessierten:

Wenn Teilnehmer fragen stellen, so sollte es doch möglich sein, diese innerhalb eines Forums zu beantworten.

Außerdem wurden Posts mit "Nebenthemen", die sich u.a. im Zusammenhang mit der "Hörbarkeit" einer Sensorregelung ergeben - dies kann z.T. nur in Abgrenzung zu anderen Systemen und Alternativen sinnvoll geschehen, die nicht sensorgeregelt sind - von Harald gestern offenbar mit Bedacht hierhin verschoben.

Der Ursprungsthread einiger dieser Posts warf die Frage nach verbleibenden Herstellern "aktiv geregelter" LS auf, dieser Thread beinhaltet hingegen eher technische Grundlagen.

Insbesondere Im Tiefton kommt man dabei nicht an der Raumakustik vorbei, welche die letzten Posts beschäftigt hat. Die Raumakustik ist nur einer der behandelten Bereiche, an der die Wirksamkeit einer Regelung ihre Grenzen findet: Die Fragen von Teilnehmern haben hier jedoch gezeigt, daß dies nicht allen im Forum klar war ....

Allein das ist m.E. eine interessante Erkenntnis aus der Diskussion der letzten Posts.

Das Problem ist u.a., daß hier in der Vergangenheit gezielt Fehlinformation betrieben wurde, u.a. sogar das Unterdrücken von Partialschwingungen der Membran durch Sensorregelung als gängige Anwendung von bestimmten Vetriebsleuten verbreitet wurde.

Daß in diesen Zusammenhängen (Partialschwingungen, Raumakustik etc. ...) nun ein wenig "Vergangenheitsbewältigung" betrieben wird, was den Einsatzbereich von Sensorregelung betrifft, kann m.E. nur im Sinne von Entwicklern und Herstellern sein, die heute noch bestimmte Vorteile in aktiv geregelten LS sehen und solche auf diesem Weg erreichen, dabei in der Argumentation auf seriösem Boden bleibend.

Deine hier geäußerten Schwierigkieten erschließen sich mir daher nicht vollständig und finden sich m.E. auch in den Argumentationen und dem Umgang der hier mitdiskutierenden Entwickler untereinander nicht wieder ...


Grüße Oliver
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Dieter T.,

entschuldige meine Aufdringlichkeit, aber meine Frage steht noch im Raum.

Ich bitte um Beantwortung von fachkundiger Seite, da scheinst du ja der richtige Ansprechpartner für mich zu sein.

Also das ist die Frage an dich:
Das kann zu ähnlichen Vorteilen führen wie bei der Sensorregelung, diese wird aber wohl größere Frequenzbereiche abdecken und exakter arbeiten, oder?
Nette Grüße

Bernd Peter
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Bernd Peter hat geschrieben:
Das kann zu ähnlichen Vorteilen führen wie bei der Sensorregelung, diese wird aber wohl größere Frequenzbereiche abdecken und exakter arbeiten, oder?
Hallo Bernd-Peter,

wie auch Cay-Uwe oben schon ausgeführt hat, wird eine erhebliche Reduzierung des Membranhubs im Tiefton durch BR - Membranhub findet hauptsächlich im Tiefton statt, weil mit jeder Oktave tiefer ein vierfaches Verschiebevolumen des LS benötigt wird - sich bei der Musikwiedergabe auch auf mittlere und höhere Frequenzen auswirken, die von derselben (Tiefton-) Membran wiedergegeben werden, weil Antrieb und Membran sich dadurch für das gesamte Musiksignal mehr im linearen Bereich des Hubs aufhalten.

Für die hörbaren Verzerrungen bei Musik wirkt also auch ein BR-System breitbandig mildernd durch die Reduzierung des Membranhubs (*).

Misst man jedoch den Klirr nur mit reinen Sinussignalen, so tritt diese Verbesserung bei den mittleren/hohen Frequenzen nicht in Erscheinung, denn es werden in der Messung nicht hohe Töne und tiefe gleichzeitig wiedergegeben: Die Verzerrungen bleiben daher im Mittelton rein messtechnisch, wie sie sind (bzw. wie sie bei einer geschlossenen Box wären): Das zeigt aber nicht die gesamte Wahrheit für Musik.

Bei dieser Art Messung (gewobbelter Sinus) kann ein sensorgeregeltes (Tiefton-) System daher eine deutlichere Reduktion von Klirr im Mittelton erreichen (**). Für reale Musiksignale ist jedoch auch bei BR eine wirksame Reduktion von Klirr und Intermodulation bis in den Mittelton zu verzeichnen, wenn es um komplexe Signale vor allem mit Tieftonanteil geht.

Wenn es jedoch um den Mittelton geht, sollte man auch einen anderen Umstand nicht verschweigen:

"Ungeregelte" LS produzieren vornehmlich Klirr niedriger Ordnung, der bei richtiger Auslegung weit unter die Hörschwelle gedrückt werden kann. Regelungen reduzieren zwar den (Gesamt-) Klirr oft sehr deutlich, jedoch kann sich das verbleibende Klirrspektrum in Relation zu Oberwellen höherer Ordnung hin verschieben, die sonst bei elektroakustisch/mechanischen Systemen (***) typischerweise nicht auftauchen und für die auch andere (niedrigere) Hörschwellen gelten.

Dies muss als eine mögliche Auswirkung bei der Entwicklung zumindest im Auge behalten werden.


Grüße Oliver

________________

(*) Bei allen Systemen hier mitverstanden: "Bei vernünftiger Auslegung".

(**) Die Relevanz ist z.B. bei einem Subwoofern gering, dafür z.B. bei einem 2-Wege System potentiell höher.

(***) Anders als z.B. bei Verstärkern und andere Elektronikkomponenten
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Beitrag von RS.schanksaudio »

Ralph Berres hat geschrieben:
Ob ein BR System sich Sensorregeln lässt vermag ich ehrlich gesagt nicht zu beurteilen, da das Sensorsignal sehr kritisch auf plötzliche Phasendrehungen durch den Antrieb reagiert. ( Partialresonanzen ! )
Das schauen wir uns gerade an :D

Eine BR-Abstimmung gibt eben enorm viel Pegel (+ 6dB) und senkt Klirr auf der AbstimmungsFs – Pegel und Klirr sind sozusagen eine "Währung" und liefern notwendigen Headroom, selbst wenn man ihn nicht dauernd nutzt. Besonders in kleinen Formfaktoren (Kompaktboxen) ist das sehr dienlich.

Die Kunst bei BR Abstimmungen ist es – insbesondere bei 2-Wege Konstrukten – Gehäuse- und Portresonanzen, sowie Stömungsgeräusche in den Griff zu bekommen und das alles in ein gegebenes Package unterzubringen. Auch hier muss man die Gesamtkonstruktion und Zielsetzung betrachten und nicht ein einzelnes Merkmal.


Viele Grüße
Roland
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Oliver,

danke für die verständliche, sach- und fachkundige Stellungnahme.

Gruß

Bernd Peter
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

RS.schanlksaudio hat geschrieben: Die Kunst bei BR Abstimmungen ist es – insbesondere bei 2-Wege Konstrukten – Gehäuse- und Portresonanzen sowie Stömungsgeräusche in den Griff zu bekommen und das alles in gegebene Package unterzubringen.

Hallo Roland,

genau so sehe ich es auch. BR ist gerade bei kompakteren 2-Wege Systemen mit einigen Herausforderungen verbunden, die jeweils eine gute Lösung erfordern.

BR für Systeme mit tieferer Trennung ist demgegenüber m.E. ein "einfacheres" Thema ...


Grüße Oliver
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Roland,
Die Kunst bei BR Abstimmungen ist es – insbesondere bei 2-Wege Konstrukten – Gehäuse- und Portresonanzen sowie Stömungsgeräusche in den Griff zu bekommen und das alles in ein gegebenes Package unterzubringen. Auch hier muss man die Gesamtkonstruktion und Zielsetzung betrachten und nicht ein einzelnes Merkmal.
freut mich sehr, das von Entwickler-/Herstellerseite zu lesen. :cheers:

Gruß

Bernd Peter
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