2 neue Goldberg: Olafsson und Schnyder
Verfasst: 25.10.2023, 18:26
Guten Abend,
endlich gibt es wieder eine gelungene Neuaufnahme der Goldberg Variationen. Eine? Eigentlich sind es ja zwei. Und beide sind – das vorweg – aufnahmetechnisch erste Sahne. Aber der Reihe nach …
Lange schon habe ich auf dieses Album von Vikingur Olafsson gewartet, der in den vergangenen Jahren immer wieder spannende Bach-Interpretation abseits des Mainstreams vorgelegt hat. Und als vom Plattenlabel als „isländischer Glenn Gould“ vermarkteter Pianist sind die Erwartungen naturgemäß recht hoch. Nun denn. Beim ersten Hören ungläubiges Staunen – Olafsson lässt wirklich keinen Stein auf dem anderen und spielt die Variationen herzerfrischend locker, unprätentiös, originell, virtuos und mit gewohnt feinem Anschlag.
Olafsson spielt auf einem modernen Steinway-Flügel und greift deshalb zum Non-legato, vereinzelt also die Töne, um einem Cembaloklang nah zu kommen. Das wirkt ungemein glitzernd („wie Tautropfen im Sonnenlicht“ – schrieb ein Kommentator). Dank seiner perfekten Spielkultur wirkt dies bei ihm auch nie langatmig und einzelne Figuren werden immer wieder wunderbar hervorgehoben.
Einige Variationen (beispielweise Var. 5) sind für mein Gehör (oder besser: für mein gewohntes Klangbild) jedoch viel zu schnell, so dass auch nach mehrmaligem Hören zwar die Idee dahinter klar wird, aber mein Gehör keinen echten Gefallen daran finden mag.
Dennoch eine gelungene und empfehlenswerte Aufnahme – wenn sie wohl auch nicht meine Lieblingsaufnahme werden wird (was kein Qualitätskriterium sein sollte )
Ganz anders dagegen das neue Album von Oliver Schnyder. Der Schweizer Pianist hatte diese Variationen gerade erst während Corona eingespielt, war aber mit dem Ergebnis nicht zufrieden und wiederholte daher die Aufnahme.
Kommen wir zunächst zum „Negativen“. Die Aufnahme wird beworben als „Deluxe-Album mit Hardcover-Booklet“. Dass ist bei Streaminganbietern naturgemäß ein wenig schwierig, aber GAR KEIN BOOKLET anbieten - wie bei Qobuz - ist ärgerlich. Leider habe ich zu spät gesehen, dass es dieses Album auch bei highresaudio.com/de zum Download gibt – MIT (recht informativem) booklet!
Schnyder spielt auf einem wunderschön klingenden großen Bösendorfer (okay – ich bin Fan dieses Flügels). Was macht er anders? Er spielt mit unzähligen freien Verzierungen, von denen keine einzige überkandidelt, manieriert oder willkürlich deplatziert wirkt. Ich kenne jedenfalls keine Aufnahme, die so viel Spaß bereitet und mich jedes Mal neugierig macht, welche Verzierung er sich in der nächsten Variation ausgedacht hat. Auch seine Anschlagsvielfalt setzt Schnyder ebenso wie seine feine Pedaltechnik gekonnt für verschiedene Klangschattierungen ein. Faszinierend!
Viele Grüße
Jörg
endlich gibt es wieder eine gelungene Neuaufnahme der Goldberg Variationen. Eine? Eigentlich sind es ja zwei. Und beide sind – das vorweg – aufnahmetechnisch erste Sahne. Aber der Reihe nach …
Lange schon habe ich auf dieses Album von Vikingur Olafsson gewartet, der in den vergangenen Jahren immer wieder spannende Bach-Interpretation abseits des Mainstreams vorgelegt hat. Und als vom Plattenlabel als „isländischer Glenn Gould“ vermarkteter Pianist sind die Erwartungen naturgemäß recht hoch. Nun denn. Beim ersten Hören ungläubiges Staunen – Olafsson lässt wirklich keinen Stein auf dem anderen und spielt die Variationen herzerfrischend locker, unprätentiös, originell, virtuos und mit gewohnt feinem Anschlag.
Olafsson spielt auf einem modernen Steinway-Flügel und greift deshalb zum Non-legato, vereinzelt also die Töne, um einem Cembaloklang nah zu kommen. Das wirkt ungemein glitzernd („wie Tautropfen im Sonnenlicht“ – schrieb ein Kommentator). Dank seiner perfekten Spielkultur wirkt dies bei ihm auch nie langatmig und einzelne Figuren werden immer wieder wunderbar hervorgehoben.
Einige Variationen (beispielweise Var. 5) sind für mein Gehör (oder besser: für mein gewohntes Klangbild) jedoch viel zu schnell, so dass auch nach mehrmaligem Hören zwar die Idee dahinter klar wird, aber mein Gehör keinen echten Gefallen daran finden mag.
Dennoch eine gelungene und empfehlenswerte Aufnahme – wenn sie wohl auch nicht meine Lieblingsaufnahme werden wird (was kein Qualitätskriterium sein sollte )
Ganz anders dagegen das neue Album von Oliver Schnyder. Der Schweizer Pianist hatte diese Variationen gerade erst während Corona eingespielt, war aber mit dem Ergebnis nicht zufrieden und wiederholte daher die Aufnahme.
Kommen wir zunächst zum „Negativen“. Die Aufnahme wird beworben als „Deluxe-Album mit Hardcover-Booklet“. Dass ist bei Streaminganbietern naturgemäß ein wenig schwierig, aber GAR KEIN BOOKLET anbieten - wie bei Qobuz - ist ärgerlich. Leider habe ich zu spät gesehen, dass es dieses Album auch bei highresaudio.com/de zum Download gibt – MIT (recht informativem) booklet!
Schnyder spielt auf einem wunderschön klingenden großen Bösendorfer (okay – ich bin Fan dieses Flügels). Was macht er anders? Er spielt mit unzähligen freien Verzierungen, von denen keine einzige überkandidelt, manieriert oder willkürlich deplatziert wirkt. Ich kenne jedenfalls keine Aufnahme, die so viel Spaß bereitet und mich jedes Mal neugierig macht, welche Verzierung er sich in der nächsten Variation ausgedacht hat. Auch seine Anschlagsvielfalt setzt Schnyder ebenso wie seine feine Pedaltechnik gekonnt für verschiedene Klangschattierungen ein. Faszinierend!
Viele Grüße
Jörg