Moin Jörg,
moin Forenten,
Bruckner und Young sollen meine Stichworte sein.
Frau Young war hier in Hamburg lange Jahre (2005 bis 2015) Intendantin der Hamburgischen Staatsoper und GMD und ich habe sie in der Zeit einmal mit Bruckner hören können. Musikhalle, Sonntagvormittag. In der Pause habe ich mich in die Schlange gestellt, eine dort angebotene andere Bruckner-Sinfonie, die sie bereits aufgenommen hatte, die dritte, glaube ich, gekauft und von ihr signieren lassen.
Ja, wo hört die erste Reihe auf? Ist Günter Wand schon zweite Reihe? Den schätze ich sehr, habe auch sein Buch "So und nicht anders" mit Gewinn gelesen, aber "zum Glück sind die Geschmäcker verschieden" sagte der Affe und biss in die Seife. Um sich Bruckner zu nähern, könnte Günter Wand ein Weg sein.
Günter Wand ist inzwischen mit vier, ja man kann fast sagen fünf Bruckner-(Teil-)Zyklen veröffentlicht
- Köln (WDR Sinfonieorchester) · 1. Zyklus
- der frühe Wand (Ende der 70er)
- flotter als alle übrigen (die einander sehr ähneln)
- geschnitten
- vollständig
- Gürzenich
- der einzige ADD (eben noch 70er)
- Hamburg (NDR Sinfonieorchester, heute Elbphilharmonie-Orchester) · außer Konkurrenz
- außer Konkurrenz: einzelne Aufnahmen vom SHMF
- zum Beispiel 8. aus dem Lübecker Dom
- Wand hatte nun seinen Weg (und damit auch sein Tempo) zu Bruckner gefunden
- live
- gilt klanglich als problematisch
- aber manche Liebhaber schwören auf die Interpretation gerade dieser Aufnahme
- DDD (1987, glaube ich)
- Hamburg (NDR) · 2. Zyklus
- 3. bis 9.
- Wand hatte nun seinen Weg (und damit auch sein Tempo) zu Bruckner gefunden
- quasi-live*)
- Musikhalle
- DDD (80er)
- Berlin (Berliner Philharmoniker) · 3. Zyklus · Fragment
- 5. bis 9. · darüber ist er dann 2002 90jährig verstorben
- quasi-live*)
- Berliner Philharmonie
- DDD (2000er)
- München (Münchner Philharmoniker) · einzelne Aufnahmen
- von Hänssler posthum nachgeschoben
- 5., 7. bis 9., da bin ich mir aber nicht zu 100% sicher
- dürfte quasi-live sein
- dürfte Gasteig sein
- DDD (dürfte 90er sein)
Sergiu Celibidache lehnte Aufnahmen ab, weil ihm der Moment Wesen von Konzerten war. Also genau genommen lehnte er Veröffentlichungen als CD ab, denn Mitschnitte gab es schon, wie sich herausstellen sollte. Postum haben seine Erben nämlich eine umfangreiche Edition herausgebracht. Damals -- Todesjahr war 1997 -- lebte ich in München und Ludwig Beck am Rathauseck, einer der besten CD-Läden Deutschlands, war voll davon. Herr Celibidache ist für jede Tempodiskussion gut, so agogisch verwirrt, wie er zunächst wirkt. Langsam, sehr langsam, spielte er zuletzt -- das war mit den Münchner Philharmonikern -- alles. Ich erinnere mich an die Rezension der Bruckner-Box (3. bis 9.), die kein geringerer als Alfred Beaujean geschrieben hatte; ich paraphrasiere: "Die Coda der 8. Sinfonie ist ein Erlebnis." In der Tat.
Ja, wo hört die erste Reihe auf? Herr Celibidache soll in München zuletzt ein Jahressalär von 3 Mio Mark gehabt haben. Steht man damit noch in der 2. Reihe? Die Grenzen sind fließend.
*) mit dem NDR hatte Herr Wand seinen Zugang nicht nur zu Bruckner, sondern auch zur Aufnahmetechnik gefunden. Die Spannung von Live-Aufführungen zu erhalten, wurde auch ihm wichtig, aber nicht immer hat man einen guten Tag. Und ein verunglückter Bläsereinsatz ist einerseits wahrhaftig, klar, andererseits aber auch ärgerlich. So hat Herr Wand mit RCA die Usance entwickelt, für zur Veröffentlichung vorgesehene Einspielungen immer an zwei aufeinanderfolgenden Abenden das gleiche Konzert zu geben. Aus den so vorliegenden acht Sätzen wurden dann die vier besten ausgesucht: Sätze sind also stets ungeschnitten. Zumindest in Berlin hat er es genauso gehalten (meine Schwester lebt seit Ewigkeiten in Berlin, da habe ich derartiges mal mitbekommen, es war inzwischen aber auch bekannt, dass Herr Wand so aufnahm). Plakatanschläge hier in Hamburg, stets mit zwei aufeinanderfolgenden Tagen, erinnere ich. Köln ist ohne Publikum auf herkömmliche Studio-Art und Weise entstanden.
Für Eure Aufmerksamkeit vielen Dank
Peter