Einfluss der Raumakustik auf Q-Sound etc.

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FST
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Einfluss der Raumakustik auf Q-Sound etc.

Beitrag von FST »

Hallo zusammen,

mich treibt schon eine ganze Zeit eine Frage um, die ich mir nicht selber erschließen kann, deshalb stelle ich die Frage hier mal zur Diskussion.

Welchen Einfluss hat die Raumakustik auf Effekte wie z. B. Q-Sound bzw. welche raumakustischen Voraussetzungen braucht es, um Q-Sound etc. realistisch wieder zu geben? Gibt es raumakustische Maßnahmen, die schädlich für Q-Sound sind?

Die Frage stellt sich mir, da ich eigentlich der Meinung bin einen durchaus guten Raum zu haben, der akustisch jedoch sehr stark bedämpft ist. Die Nachhallzeit z. B. liegt bei kleiner/gleich 0,2. Ich mag das und bin mit dem Ergebnis auch sehr zufrieden. Jedoch will sich bei mir nicht so recht der Eindruck von Schallereignissen hinter meinem Hörplatz einstellen, wie er z. B. bei Q-Sound-Aufnahmen oder einer Test-Cd, die ich ab und an nutze, beschrieben wird. Bei der Test-CD soll eine Kastagnette einmal um den Kopf herum kreisen. In der Tiefendarstellung ist das total realistisch (es gibt auch einen Track, wo sich Stimme und Kastagnette auf einem Kreis vor dem Hörer umkreisen - das klappt perfekt!). Sobald die Kastagnette aber hinter meinem Kopf wandern sollte, geht sie eher durch meinen Kopf durch.

Gibt es pauschale Ansätze, woran das liegen kann? Ist z. B. eine Absorption an der Wand hinter dem Hörplatz für solche Effekte eher schädlich und Diffusion eher nützlich? Bei mir ist es eine Mischung aus beidem.
Einige Informationen zu meinem Raum, wenn auch leider nicht mehr ganz aktuell, findet Ihr bei Bedarf hier (im Post vom 06.02.2022 auch mit Messungen): viewtopic.php?t=8953&start=15.

Grüße
Fabian
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Hallo Fabian,

Q-Sound arbeitet gezielt mit gegenphasiger Ausgabe eines prinzipielen Monosignals. Damit kann dann eine Phantomquelle bestenfalls seitlich von den Ohren wahrgenommen werden, auf keinen Fall hinter dem Kopf. In der Praxis ist es dann eher seitlich mit ein bisschen schräg von vorne.
Hierfür macht auf jeden Fall ein symmetrisches Setup Sinn.
Es gab von Q-Sound mal ein Tool um das selbst zu machen, daher weiss ich das ziemlich genau. Ich hab damit mal gespielt.

Für Effekte, die hinter dem Kopf stattfinden sollen muss man auf binaurale Behandlung und HRTF-Funktionen zurückgreifen. Das klappt dann am besten wenn die eigene kopfbezogene Übertragungsfunktion (HRTF) dazu passt. Es ist dann also weniger der Raum.

Grüsse
Uli
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atmos
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Q-Sound

Beitrag von atmos »

Hi, Fabian,
ich habe von Roger Waters Amused to Death, die Stereo-Produktion in Q-Sound.

Mein kleiner Raum hat auch eine NHZ unter 0.2 sek, das Stereodreieck ist perfekt.

In Track 8 fährt an der Rückwand des Raumes, also hinter dem Hörplatz, eine Pferdefuhrwerk durch.

Es sind bei Q-Sound aber nicht nur diese Effekte, sondern der Klang ist insgesamt sehr räumlich und durchsichtig.

Eine erstklassige Produktion.

Ich habe von Roger Water's The Wall in Dolby Atmos und habe mich dann, als er Amused to Death aufgepeppt hat - Pure Audio -, für Q-Sound interessiert.

Gruß
Günther
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FST
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Beitrag von FST »

Hallo Uli,
hallo Günther,

danke für die Infos. Mein Raum und die Aufstellung ist sehr symmetrisch, daran kann es nicht liegen.

@Uli:
Kannst du etwas konkreter werden, wie man binaurale Behandlung und HRTF-Funktionen umsetzen kann?

@Günther
Ist das eine besondere CD/Ausgabe die du da hast?
Hast du irgendwas besonderes in deinem Raum gemacht damit das bei dir funktioniert? So wie ich Uli verstehe, ist das mit Q-Sound alleine scheinbar nicht zu erklären.

Grüße
Fabian
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atmos
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Roger Waters

Beitrag von atmos »

Hi, Fabian,

die Pure Audio ist besonders:

Die 2015er Album Version ist erhällich als CD, LP, Picture Vinyl und als High Definition Blu-ray Audio mit neuem 5.1. Surround Remix des langjährigen Co-Produzenten und Partners von Roger Waters/Pink Floyd, James Guthrie. Das Artwork wurde für die neue Edition von Sean Evans überarbeitet, dem kreativen Direktor von Roger Waters 2010-2013 Tour 'The Wall Live' sowie dem dazugehörigen Film.
.........
Pink Floyd hat auch schon Effekte verwendet, die wohl mit Q-Sound verwandt sind.

Gruß
Günther
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Jupiter
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Beitrag von Jupiter »

Hallo Fabian,
uli.brueggemann hat geschrieben: 20.12.2023, 11:44
Q-Sound arbeitet gezielt mit gegenphasiger Ausgabe eines prinzipielen Monosignals. Damit kann dann eine Phantomquelle bestenfalls seitlich von den Ohren wahrgenommen werden, auf keinen Fall hinter dem Kopf. In der Praxis ist es dann eher seitlich mit ein bisschen schräg von vorne.
Hierfür macht auf jeden Fall ein symmetrisches Setup Sinn.

Grüsse
Uli
Sehr gute Frage, jedesmal wenn ich „Amused to death“ nachdem ich an der Anlage etwas verändert habe höre, frage ich mich, wie verhält sich die Änderung bei „The Ballad of Bill Hupperd“

Dabei bin ich immer im ungewissen ob mein Raum den Effekt wie vom Toni gewünscht zuläßt.

In meinem Raum verhält es sich genauso so wie Uli es beschreibt.
Wobei mein Raum alles andere als symmetrisch ist, trotzdem funktioniert es.

Amused of death „The Ballad of Bill Hupperd“

Ich würde den Radioeffekt bzw den Radiosprecher an meiner Anlage bei 9:30 bis 10:00 verorten, immer erwarte ich den Q-Sound, wenn er denn platziert ist, mehr in Richtung 8:00 Uhr.
Mein Sitzplatz liegt bei diesem Beispiel bei 6:00 Uhr

Hinter mir kann ich keinen Q-Sound wahrnehmen.

Möglicherweise könnte ein hoher ETC also Reflektionen den Effekt beeinflussen, wobei hier die Nähe der LS zur Seitenwand meiner Vermutung nach am meisten ausschlaggebend wäre.

@ Uli, Liege ich mit meiner Vermutung richtig ?

Endlich stellt mal jemand die Frage die mich schon lange quält :cheers:
Hätte ich eigentlich schon seit Jahren selbst stellen können.

Gruß
Harald
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

@Fabian:
nein, ich weiss nicht wie man durch eine entsprechende Bearbeitung ein Tonsignal als von hinten ortbar erzeugen kann.
Ich kenne einen Soundtrack, der einen solchen (doch überraschenden) Effekt aufweist, Michael Stearns - Killer of Men auf The Lost World. Mehr sage ich nicht dazu, vielleicht könnt Ihr es bei Euch hören.

@Harald:
ich gehe davon aus, dass mehr Reflexionen bei Q-Sound eher schädlich sind

@alle:
ich hab mal einen kurzen Track mit Q-Sound erzeugt, viel Spass
https://www.audiovero.de/freedownload/QWauziS.flac

Grüsse
Uli
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atmos
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The Ballard of Bill Hupperd

Beitrag von atmos »

Jupiter hat geschrieben: 21.12.2023, 06:51 Hallo ......

Amused of death „The Ballad of Bill Hupperd“

Ich würde den Radioeffekt bzw den Radiosprecher an meiner Anlage bei 9:30 bis 10:00 verorten, immer erwarte ich den Q-Sound, wenn er denn platziert ist, mehr in Richtung 8:00 Uhr.
Mein Sitzplatz liegt bei diesem Beispiel bei 6:00 Uhr

Hinter mir kann ich keinen Q-Sound wahrnehmen.

.....
Gruß
Harald
Hi, Harald,

bei Bill Hupperd kommen von hinten keine Effekte.

Meine Anlage ist so aufgebaut, dass ich zentral im ITU-Kreis sitze; ich habe also Luft nach hinten.

Der wichtigste Effekt bei Bill Hupperd ist am Anfang das Hundegebell; es sollte ein Eindruck entstehen, als würde der Hund weit rechts außen auf dem Grundstück des Nachbarn bellen, in ca. 10 m Entfernung.

Der Übergang zu Track 2 mit dem Gewitter ist dann raumfüllend, auch das Grillengezirpe, wie ich es mal bezeichne.

Bei Too Much Rope trampelt das Pferdefuhrwerk hinter dem Hörplatz an der Rückwand entlang.

.......
Im WZ mit der Trifon 3, Stereobasisbreite ca. 2. m, Raumbreite 5 m, absolut symmetrisch, kommt das Radio nicht von links auf Höhe des Hörplatzes, sondern links direkt aus der Raumecke, das Hundegebell ist am Anfang wie gehabt sehr weit außen rechts, so gar noch weiter entfernt.
...........

Raumeinflüsse tragen zum Klanggeschehen somit maßgeblich bei.

Gruß
Günther
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Beitrag von uli.brueggemann »

Wenn das Pferdefuhrwerk hinten an der Rückwand lang trampelt dann ist da definitiv was falsch.
Ich poste hierzu mal Bilder von der QSound-Software, die es zum Zeitpunkt gab, an dem das Album erschienen ist.
Dort kann ich die gewünschte Position durch Kontrollpunkte definieren. die Punkte werden dann zewitlich im Ablauf linear interpoliert. Somit lässt sich dann auch eine Bewegung realisieren. Beim Setzen eines Kontrollpunktes zeigt ein kleines Bild an, wo dann die Position im Raum ist.
Für eine Sequenz links - center - halb rechts - rechts sieht das dann so aus:

Bild

Wie man also schön sehen kann gibt es da nichts, womit man bei QSound eine Wiedergabe an der Rückwand hinter dem Hörer erzeugen kann.

Viele Grüsse
Uli
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atmos
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Q-Sound interpoliert

Beitrag von atmos »

uli.brueggemann hat geschrieben: 21.12.2023, 11:48 Wenn das Pferdefuhrwerk hinten an der Rückwand lang trampelt dann ist da definitiv was falsch......

Wie man also schön sehen kann gibt es da nichts, womit man bei QSound eine Wiedergabe an der Rückwand hinter dem Hörer erzeugen kann.

Viele Grüsse
Uli
Hi, Uli,
ich habe eine Produktion aus dem Jahre 2015 und ich denke, da wurde sicher nichts interpoliert, sondern so aufgenommen.

Und wie ich schon erwähnte, sind auch die Raumeinflüsse nicht unerheblich.

Zudem gibt es auch einen Unterschied zwischen der CD und der HiRes 24/96 kHz Stereo Blu-ray, da fährt das Gespann vor dem Hörplatz durch den Raum.

Bei der 5.1 Multi-Channel ist das Gespann auch an der Rückseite.

Im Booklet gibt es nur einen Klanghinweis auf das Hundegebell am Anfang.

Gruß
Günther
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Die Erstveröffentlichung von Amused To Death war im Sept. 1992. Und ich beziehe mich ganz klar auf diese.
Was evtl. später in einer remasterten 5.1 blue-ray Version verbastelt wurde ist für mich hinsichtlich QSound nicht von Bedeutung. Da z.B. das Pferdefuhrwerk bestimmt nicht von Roger Waters per Gitarre erzeugt sondern als getrennte Aufnahme zum Track dazuaddiert wurde, kann das womöglich locker beim Remaster auf die hinteren Kanäle gelegt worden sein. Wozu bräuchte man all die LS wenn die nix zu spielen hätten. Wo nur ein Hammer ist wird alles ein Nagel.
Der QSound-Effekt war aber so in der Erstausgabe revolutionär, man kannte es damals von all den anderen Aufnahmen eben nicht so. Und wenn man dann über QSound diskutiert sollte man dies entsprechend einordnen. Mittlerweile ist QSound Labs natürlich auch weiter und ebenfalls auf den Zug der virtuellen Reality und 3D Sound aufgesprungen. Aber der Ursprung ist eben so wie er ist.

Grüsse
Uli
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Beitrag von FST »

Hallo Uli,

danke für die Hinweise bzgl. der Software. Wurden die Aufnahmen denn damals nicht mit umfangreicher Hardware erstellt? IN DEM Fall könnte man ja nicht zwingend von der Softwareperformance auf die Hardwareperformance schließen, oder sehe ich das falsch?

Also könnte es schon sein, dass das raum/lautsprecherspezifische Phasenverhalten die Wiedergabe dieser Aufnahmen so individuell wie einen Fingerabdruck sein lässt (etwas überspitzt)? Gerade wenn die im Raum gemessene Phase re / li nicht nahezu deckungsgleich sind?

Wenn ich dafür, dass die Kutsche auch bei der alten Aufnahme , hinter mir herfährt, mein Phasenverhalten im Raum verschlechtern muss, kann ich sehr gut damit leben, das sie vor mir herfährt.

Wo wo die Michael Stearns - The Lost World ja auch von 1995 ist - war hier die Technik eine andere oder wie schaffen die es, dass man auch hinter sich was hört? Entweder hat die Psychoanustik bei mir total zugeschlagen und ich bilde es mir nur ein, oder ich höre da auch was knapp hinter meinem Kopf.

Grüße
Fabian
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