Hallo Andreas,
Studiomonitor hat geschrieben:vielleicht war Stress das falsche Wort. Ich meinte die quasi unsichtbare Last, die einfach das Gehör unterschwellig zu leisten hat, und die ggf. bei weniger Reflexionen nicht vorhanden oder geringer wäre, versucht man lange kritisch Musik zu hören.
Vorab 'ne Frage: was genau ist "kritisch Musik hören" ?
Wenn ich in einer sehr halligen Umgebung einem Vortrag lausche, der nicht auf Deutsch gehalten wird, oder auf einer Party mit Leuten diskutiere, womöglich auch auf ausländisch, kann das trotz cocktail-party Effekt irgendwann ermüdend werden und ich schalte dann einfach ab. In jedem Konzertsaal sind massenweise Reflexionen, scheint das Gehör aber klaglos zu verarbeiten.
Naja, als ersten Anhaltspunkt würde ich persönlich schon das Nahfeld nehmen. Dort sind ja erste Reflektionen, bis auf Studiobetrieb und Reflektionen durch Equipment, quasi ausgeschlossen bzw. "minimal". Dies wäre mein erster Ausgangspunkt zu entscheiden, was auf der Aufnahme drauf ist und welche Phantomschallquellenortung ich am besten auch weiter weg, am gewünschten Hörplatz, gerne hätte.
Die Lokalisationsunschärfe bei Phantomschallquellen ist teilweise recht bedeutend, zumindest bei den in den diversen Untersuchungen verwendeten Signalen. Wie es bei Sprache und Musik aussieht, keine Ahnung. Ich habe mal mit Hilfe der Chesky JD37 (Sprache) ausprobiert, ob sich die Abbildung durch Hinzufügen von seitlichen Reflexionen ändert: Genelec 8020 auf Esstisch, mit und ohne an den Tisch gelehnte Zimmertüren gelauscht, keine Veränderung wahrgenommen.
Entferne ich mich von meinen Lautsprechern, sagen wir in Halbmeterabständen, von 1,5 auf 2, auf 2,5,..3...4...5 Meter, lässt sich der Einfluß der ersten und natürlich auch der weiteren Reflektionen sehr schön selbst erfahren, sogar diese "Selbstverständlichkeit" der Ortung bei kürzeren Abständen.
Solange Du bei dieser Versuchsdurchführung nicht den Winkel der LS zur Hörachse derart änderst, daß der Direktschall immer im gleichen Winkel auf die Ohren auftrifft, veränderst Du nicht nur die Reflexionen, sondern durch den anderen Winkel bzgl. Hörachse sehr wahrscheinlich auch die interaurale Kreuzkorrelation, und sowieso Deine Position relativ zu den Raummoden. Reflexionen hinzufügen ohne Positionsänderungen, so wie in den Experimenten von Naqvi, das würde die Sache eindeutiger klären.
Den Hallradius kann man natürlich auch ausrechnen.
Das Konzept des Hallradius beruht auf der Annahme eines diffusen Schallfelds. Leider gibt’s sowas in kleinen Räumen nicht, wie 1954 von Meyer und 2004 von Gover durch Messungen belegt. Somit gibt es in kleinen Räumen keinen Hallradius.
Viele decken ihre Tische mit Decken ab, um erste Reflektion zu vermeiden, die zu einem Teilabriss der Ortungsschärfe führen können (im Studio-Nahfeld sollen Monitore auch hinter dem Mischpult stehen, statt darauf, weil man genau diese erste Reflektion vom Misschpult selbst fürchtet).
Eine Decke wird höchstens im Hochtonbereich was bewirken, die Reflexion wird dadurch spektral verändert, aber nicht eliminiert. Studio ist eine andere Baustelle: da in der Regel reflexionsmässig behandelt, kann eine übriggebliebene Tischreflexion durchaus stören. Ist in Übereinstimmung mit dem, was Bech sagt.
Versteh’ mich recht, ich sage nicht, akustische Behandlung sei Unsinn. Ich sage, die vorhandene Literatur liefert keinen Nachweis dafür, daß Reflexionen grundsätzlich stören, man muss also immer den Einzelfall betrachten, ob und wie hängt natürlich massgeblich vom Abstrahlverhalten der Lautsprecher ab.
Ich fand es nur interessant, daß Du da eher zurückhaltend bist, in Forderungen akustisch etwas zu machen, hast aber selber O500c stehen, die schon als Mid- bis Farfield Monitor durchgehen und die das allgemeine Anregen, durch Ihre gute Bündelung, zumindestens minimieren bzw. es zu sehr gleichmässigen Reflektionen kommt.
Wie gesagt: Floyd Toole und seine Untersuchungen. Lautsprecher mit flachem Amplitudengang auf Achse und gutem Verhalten ausserhalb der Achse, d.h. möglichst gleichmässig abfallend, ohne Sprünge in den Kurven, wurden bevorzugt.
Das hast Du deutlich mehr Papiere hinter Dir als ich. Das Leben ist aber nur so lange einfach, bis man erst einmal in einem "verbesserten" Raum, vom optimalen Raum mal abgesehen, und ggf. bei dichteren Abständen, "das" gehört hat, was machbar wäre. Dann wird es in der Tat natürlich schwer ohne so etwas zu leben
Ob man einen Raum verbessern muss, hängt sehr vom Lautsprecher ab, sagt Toole, und natürlich vom Raum, also hast Du wohl Recht. Ob aber mit (in Sachen Abstrahlungsverhalten) guten Lautsprechern in einem normalen, nicht halligen Wohnraum noch Handlungsbedarf besteht, ist vielleicht nicht so sicher. Hallige Räume sind ebenfalls eine andere Baustelle, aus diesem Grunde habe ich auch die akustische Decke.
Klaus