Hallo Martin,
martino hat geschrieben:ein wahrer Audio-Krimi ist das hier! Sehr spannend zu lesen! Besonders Deine Jittermonitor-Vergleiche. Brennend interessieren würde mich natürlich das Jitter-Spektrum anderer Modelle im Vergleich. Ist die Aufzeichnung ein großer Akt? Oder könnten Interessierte z.B. bei Forentreffen ihre Linn-Flagschiffe (oder auch andere natürlich) mitbringen und unkompliziert die Spektren messen lassen? Ein Jitterspektrum-Vergleichskatalog für hochwertige Streamer sozusagen... Würde ich jedenfalls spannend finden!
danke für die Blumen. Das wär' natürlich interessant, aber das ist so einfach nicht zu machen. Ja, ist ein ziemlicher Akt.
Weiter im Text. Ein neuer Hörtest. Wieder dürfen antreten:
A) G-Sonos digital an DAC analog an VV
B) G-Linn digital an DAC analog an VV
C) G-Linn analog an VV
Ich will den Bericht auf vier charakteristische Stücke beschränken.
1. Stadtfeld, franz. Suite Nr. 2, Courante:
2. Franz von Suppé, Leichte Kavallerie:
3. Bizet, Carmen Habanera Fantasia (von der FIM XRCD):
4. Diana Krall, The Girl From The Other Room, Temptation:
Je länger wir uns in Linn vs. Sonos einhörten, desto sensibilisierter wurden wir (Annette und ich) natürlich. Die größten Unterschiede hörten wir gleich beim ersten Stück - da wir beide Klavier spielen, selbst einen Steinway haben und den Klang eines solchen Instruments sehr gut kennen. Im ersten Teil der Courante schlägt Stadtfeld den Steinway recht knallig an, und ich verwende das Stück auch gerne, um Klirr bei Mitteltönern auszumachen. Wir waren uns schnell einig, dass zwischen A und B ein klarer Unterschied auszumachen ist. Allerdings nicht im Sinn vom besser oder schlechter, sondern im Sinn von "der Flügel ist anders intoniert". Beim Intonieren wird der Hammerkopf mit einer Nadel mehr oder weniger aufgestochen, das heißt, der Filzkopf wird weicher, je länger man drauf rum stochert. Bei B ist der Flügel etwas weicher intoniert als bei A. Wir würden beide den Flügel A auswählen, wenn wir bei Steinway A und B probegespielt hätten. Das ist aber reine Geschmackssache, ein anderer würde vielleicht B wählen.
Äußerst gespannt war ich nun auf C. Der analoge Ausgang des Sneaky konnte ja letztes Mal nicht so richtig gefallen. Diesmal war es so, dass wir uns den Spaß gemacht haben, den jeweils anderen raten zu lassen, was spielt - B oder C. Wir konnten es beide nicht unterscheiden, A und C dagegen wieder problemlos. Nun sind beide Analogstufen samt Netzteilen aus meiner Feder, sowohl im Linn wie im DAC, und ich habe mir bei beiden ziemlich viel Mühe gegeben. Das Ergebnis ist offensichtlich recht ähnlich ausgefallen. Damit bin ich sehr zufrieden.
Interessant ist aber, dass der "digitale Fingerabdruck" des Linn sowohl am Digitalausgang wie an seinem Analogausgang klar zu hören ist. Dabei sind ganz unterschiedliche DA-Wandler-Chips im Einsatz, einmal der mit 352,4kHz getaktete Wolfson WM8740 mit 24Bit, im anderen zwei BurrBrown PCM1704 mit 768kHz ebenfalls mit 24Bit Auflösung. Das unterfüttert erneut meine Erfahrung, dass der klangliche Einfluss von DAC-Chips überschätzt wird, ab einer gewissen Qualitätsstufe natürlich.
Bitte erlaubt mir an dieser Stelle einen kleinen Ausflug in die Welt der Wandlerchips:
Vom Datenblatt her gesehen ist der Wolfson WM8741 in den größeren Linn DS etwa vergleichbar mit dem BurrBrown PCM1792A bzw. 1794A. Der 1792er will von einem Prozessor seine Settings haben, den 1794er kann man hardwaremäßig setzen, mit dem Wolfson geht beides, und Linn nimmt die Hardware-Variante. Deshalb bevorzuge ich bei den BBs den 1794A und setze ihn in meinen AGM-DACs ein. Im BMC z. B. ist der 1792A, wie Franz berichtet hat. Beim WM ist im Datenblatt angegeben, dass er auch 32Bit kann - das gilt aber nur, wenn man den internen Upsampler verwendet. Die Wandlung geht immer "nur" mit 24Bit, und wenn man ihn direkt von einem externen Upsampler anspricht, versteht er deshalb auch nur 24Bit.
Die kleineren Brüder heißen dann WM8740 und PCM1796 bzw. PCM1798. Wer nun glaubt, dass es sicher gleich viel besser klänge, wenn man den größeren Bruder nähme, dem sei als Beispiel für die Performance, zu der auch die "kleinen Brüder" fähig sind, der Denon DBP-4010UD genannt. Was man da rausholen kann, habe ich ja schon gezeigt. Er verwendet den PCM1796.
Also, ich denke, der WM8740 ist nicht wirklich ein Handicap für den Sneaky oder den Majik.
Weiter im Hörtest. Die Kavallerie. Hier leitete Annette ein mit "jaja, recht ähnlich beides, aber, mit Verlaub, unsere Anlage hier oben taugt einfach nichts. Das ist auf der kleinen 3.3 im Esszimmer viel besser, und von der völligen Körperlosigkeit der 8.4 oder 701 ist das meilenweit entfernt. Man hört den Lautsprecher, und außerdem habe ich das Gefühl, in Reihe 30 zu sitzen. Aber als Schlafzimmeranlage ist es schon ok." Umpf, das saß. Seit ich unser Schlafzimmer in den ehemaligen Hörraum verlegt habe, ist der Raum stärker bedämpft durch das große Bett, das dort steht, wo vorher das Hörsofa war, und ich habe noch keine passende FIR-Korrektur im Einsatz.
Dennoch, von der Unzulänglichkeit der Anlage abgesehen, nach der sich mancher die Finger schlecken würde, liebe Annette, ist auch hier wieder ein kleiner Unterschied zwischen A und B/C auszumachen. Für alle drei ist die Auflösung komplexer Passagen kein Problem, aber bei B und C klingen die Streicher etwas seidiger. Geschmackssache, würde ich wieder sagen.
Bizets Carmen-Fantasie in der recht spektakulären XRCD-Einspielung ist vor allem geeignet, Impuls- und Hochtonauflösung der Anlage herauszufordern, vor allem bei den Kastagnetten und Triangeln. Lösen alle drei, A bis C, exzellent auf, waren wir uns einig. B und C legt wieder den leichten Linn-Schmelz auf die Streicher.
Das ist doch aber genau, was ich wollte. Den Linnklang erhalten (wem's gefällt
) und aber die leichten Defizite im Fach Präzision beheben (durch breitbandige Reduktion des Rauschanteils im Jitters).
Diana Krall, Temptation. Ein klasse Stück, finde ich, ich finde sogar ihr bestes. Ja, und die Präzision, die Annette letztens noch im Hochtonbereich bemängelt hatte bei B, die ist jetzt auf Augenhöhe mit A. Auffällig aber ist der Unterschied bei der Stimme von Diana Krall. Sie klingt bei B/C wärmer, bei A entschlackter. Wieder Geschmackssache, würde ich sagen.
Nun weiß ich nicht so richtig, ob weitere Schritte bei der Jitterreduktion nun kontraproduktiv wären. Eigentlich wollte ich auch noch was an der Spannungsversorgung des WM8740 machen, aber nach der Vorstellung, die das Analogteil jetzt abgibt, kann ich mir das vermutlich auch schenken. Heute abend will ich mal ein bisschen was in 24/192 mit dem G-Sneaky hören.
Viele Grüße
Gert