Verfasst: 16.09.2015, 00:34
zur Ergänzung zum oben beschriebenen Workflow meine bescheidenen Erfahrungen:
Vorab:
AcourateDRC ist eine vereinfachte und bedienerfreundliche Version des Windows-Programms Acourate, die ausschließlich fertige .xml-Dateien für den 2-Kanal OpenDRC/miniSHARC (siehe Beitrag "OpenDRC von MiniDSP" unter Raumakustik) erstellt.
Nach einer Registrierung kann man mit dem Programm nur messen, zum Erstellen der Filter braucht es die kostenpflichtige Aktivierung (ca.100€). Die Bedienung ist ähnlich und so einfach wie Dirac beim DDRC. Weitere Infos unter http://www.audiovero.de/acouratedrc.php. In der Hilfe-Datei stehen leicht verständlich die grundsätzlichen Bedienungsschritte.
Da die Auflösung der 6144 FIR-Taps im OpenDRC nur eine gleichmäßige Unterteilung mit 7.8125 Hz/Tap erlaubt, nutzt AcourateDRC klugerweise dessen IIR-Filter (belegt als Advanced Biquadparameter) als Ergänzung des FIR-Filters für die genaue Korrektur im unteren Frequenzband. Weiterhin kann AcourateDRC auch eine Phasenkorrektur ausführen. Wie was automatisch berechnet wird, ist nicht ersichtlich, weiß aber Mr. Acourate Uli Brüggemann. Dafür ist es ohne tiefgreifendes Fachwissen bedienbar.
Vorbereitung:
1) Kalibrierdaten des Mikrofons als Textdatei "miccal48.txt" ins Arbeits-Verzeichnis ...\Dokumente (oder so..)\AcourateDRC legen
2) AcourateDRC starten, im Menü Messen die gesamte Messkette mit dem Testrauschen überprüfen und in den Pegeln/Gain anpassen
Vorgehen:
1) Projektnamen vergeben und ggf. Einstellungen anpassen, wenn man zum wiederholten Mal misst (siehe Tips)
2) Messen des Logsweeps an einem Messpunkt
3) Verlauf der Zielkurve bestimmen und Berechnungsparameter konfigurieren
4) Berechnen und das Ergebnis beurteilen, ggf. und Parameter anpassen (siehe Tips)
5) mit dem miniDSP Plugin die erzeugte .xml-Datei laden und an den OpenDRC senden
6) Probehören und ggf. weitere Parameter oder Zielkurve anpassen oder Musik genießen
Tips:
zu 2) Das Mikrofon kann man an einem Messpunkt ca. 10cm hinter dem Sweet-Spot platzieren, zwischen die zwei Lautsprecher gerichtet, wenn die Kalibrierdatei auf 0° eingemessen wurde. Die gemessenen Werte sollten nicht übersteuern, aber auch nicht einen zu niedrigen Pegel aufweisen. Den Verstärker am besten so weit aufdrehen, wie man laut Musik hören würde (80-85dB).
zu 3) Die Zielkurve (Targetcurve) bestimmt den gewünschten Frequenzverlauf und kann graphisch (oder numerisch in der Acourate.ini) verändert werden. Für Raummessungen ist die ab 1kHz abgesenkte Zielkurve ein guter Beginn. Rolloff kompensiert mitunter die messtechnisch bedingte Schärfe im Hochtonbereich. Shelf kann man dazu nutzen, den Bass etwas kräftiger abzubilden, Quick'n'dip beinhaltet drei frei parametrische Regler für manuelle Korrekturen oder Effekte (z.B. Loudness), Rollon bei empfindlichen Möbeln oder Nachbarn.
Bei der Einstellung "Phase+Amplitude" wird ein Filter erstellt, das auch eine Phasenkorrektur durchführt, aber dafür eine Verzögerung von 64ms zur Folge hat. Bei "Amplitude" werden minimalphasige Filter mit einer wesentlich geringeren Latenz erzeugt aber ohne die (Exzess-)Phasenkorrektur.
Wenn man zweiseitig Weichen betreibt, dann auf 6-IIR; bei einseitigen Weichen (nur Tief- oder Hochpass) kann man 10-IIR Parameter wählen (derzeit muss man manuell in der .xml die Werte für die einseitige Weiche eintragen).
zu 4) Die Glättung so wählen, wie der Hörplatz erfordert: Eine harte, geringe Glättung bewirkt eine ausgeprägtere Korrekturkurve und somit eine stärkere Korrektur, allerdings an der einen gemessenen Position. An einer anderen Hörposition wird diese starke Korrektur nicht mehr passen und sich stärker negativ auswirken.
Die maximale Pegelabsenkung (in den Voreinstellungen) so gering wie nötig wählen, damit die Lautstärkeeinbuße nicht zu groß wird, aber groß genug, um Frequenzgangsenken gerade auszugleichen, wie man im Frequenzverlauf der gemessenen zu der korrigierten Kurve erkennen kann.
Im Graph des Berechnungsergebnisses sollte im Verlauf die korrigierte Kurve von der gemessenen Kurve im tiefsten Punkt fast berührt werden. In der Ansicht der FIR-IIR-Kontrolle sieht man den Verlauf und die Verteilung der Korrektur auf FIR und IIR-Filter. Ein Einstellknopf nach oben (+5) verändert die Verteilung zugunsten der FIR-Filter. Dies könnte hilfreich sein, wenn die IIR-Filter instabil werden oder Ansätze von Preringing durch die FIR-Filter verringert werden sollen. Sind Ausreißer (>ca.5dB) im Verlauf der FIR-Kontroll-Kurve zu sehen, so wird man wahrscheinlich Preringing haben. Ab der Version 2.1.4 sollte man stufenweise die Einstellung für FWD (Frequency Dependent Windowing) verringern können, was gegen diesen unerwünschten Effekt wirkt, indem das Zeitfenster bei der Pulsantwort verkürzt und somit mehr der Direktschall betrachtet wird. Bei meinem schallharten, hallenden Raum musste ich auf FWD=2 runtergehen, um eine "saubere" Korrektur zu bekommen.
Die Graphen der Impuls- bzw. Sprungantwort der Messung geben Auskunft über das Zeitverhalten des Lautsprechers und Reflexionen, der RT60 Verlauf zeigt Informationen über die Halldauer im Raum über die Frequenz.
zu 5) Es wird immer eine neue AcourateDRC.xml erzeugt, also immer die zu sichernde .xml umbenennen. Das .xml-File könnte man manuell bearbeiten, falls notwendig.
zu 6) Zunächst erscheint das Klangbild wahrscheinlich leise und matt. Das ist normal, weil die Korrektur bis zu 10dB Schalldruck kosten kann. Einfach etwas reinhören, dann stellt man allmählich die positiven Veränderungen fest. Es ist zu empfehlen, zuerst auf Preringing zu achten und zu eliminieren (siehe FWD unter 4.). Es hört sich bei z.B. knackiger Basedrum wie ein "Vorpumpgeräusch" an. Später kann man nach und nach die erwünschte Targetkurve anpassen.
Alle Ausführungen beziehen sich zumindest auf die Version 2.1.3., teilweise auf eine Vorabversion 2.1.4.
Was bringt's, wie klingt's:
AcourateDRC holt aus dem OpenDRC eine Menge raus und bewirkt richtig angewandt eine deutlich hörbare Verbesserung dahingehend, wie sie von den Acourate-Usern oft beschrieben wird. Das Gespann kann auch größere Klangmängel in bedürftigen Musikanlagen ausgleichen. Bei einem guten Setup wird das Klangbild ruhiger und entspannter, die Instrumente bleiben an ihrem Platz und sind besser ortbar, der Bass wirkt schneller und tiefer, alles wirkt klarer und echter. Ich höre nicht mehr ohne.
Obwohl das Programm in der Bedienung sehr einfach ist, stellt es keine "One-Button-Lösung" dar, weil man doch an die individuellen Gegebenheiten iterativ optimieren muss bzw. kann. Das bessere Ergebnis rechtfertigt den Aufwand.
Derzeit ist das Programm nur in Verbindung mit dem OpenDRC/Minisharc nutzbar und es fehlen leider gegenüber der Acourate-Vollversion viele Funktionen wie z.B. PRC oder FIR-Weichenfunktionen. Uli Brüggemanns exzellenter Service ist auch für AcourateDRC-Nutzer verfügbar.
Über den Tellerrand:
Als direkte Alternative kann man nur das teurere Bundle von MiniDSP mit dem DDRC und angepassten Dirac als Korrektursoftware sehen. Ein internationaler User gibt diesem System aber keinen Zugewinn. Den OpenDRC kann man auch mit Daten anderer Korrekturfiltersoftware wie PORC oder align2 füttern, jedoch habe ich keinen User gefunden, der damit bessere Ergebnisse erzielte. Rephase ist ein vielseitiges Tool für die manuelle Erstellung von FIR-Filtern, kann aber keine Korrekturfilter für die Raumakustik berechnen.
Vorab:
AcourateDRC ist eine vereinfachte und bedienerfreundliche Version des Windows-Programms Acourate, die ausschließlich fertige .xml-Dateien für den 2-Kanal OpenDRC/miniSHARC (siehe Beitrag "OpenDRC von MiniDSP" unter Raumakustik) erstellt.
Nach einer Registrierung kann man mit dem Programm nur messen, zum Erstellen der Filter braucht es die kostenpflichtige Aktivierung (ca.100€). Die Bedienung ist ähnlich und so einfach wie Dirac beim DDRC. Weitere Infos unter http://www.audiovero.de/acouratedrc.php. In der Hilfe-Datei stehen leicht verständlich die grundsätzlichen Bedienungsschritte.
Da die Auflösung der 6144 FIR-Taps im OpenDRC nur eine gleichmäßige Unterteilung mit 7.8125 Hz/Tap erlaubt, nutzt AcourateDRC klugerweise dessen IIR-Filter (belegt als Advanced Biquadparameter) als Ergänzung des FIR-Filters für die genaue Korrektur im unteren Frequenzband. Weiterhin kann AcourateDRC auch eine Phasenkorrektur ausführen. Wie was automatisch berechnet wird, ist nicht ersichtlich, weiß aber Mr. Acourate Uli Brüggemann. Dafür ist es ohne tiefgreifendes Fachwissen bedienbar.
Vorbereitung:
1) Kalibrierdaten des Mikrofons als Textdatei "miccal48.txt" ins Arbeits-Verzeichnis ...\Dokumente (oder so..)\AcourateDRC legen
2) AcourateDRC starten, im Menü Messen die gesamte Messkette mit dem Testrauschen überprüfen und in den Pegeln/Gain anpassen
Vorgehen:
1) Projektnamen vergeben und ggf. Einstellungen anpassen, wenn man zum wiederholten Mal misst (siehe Tips)
2) Messen des Logsweeps an einem Messpunkt
3) Verlauf der Zielkurve bestimmen und Berechnungsparameter konfigurieren
4) Berechnen und das Ergebnis beurteilen, ggf. und Parameter anpassen (siehe Tips)
5) mit dem miniDSP Plugin die erzeugte .xml-Datei laden und an den OpenDRC senden
6) Probehören und ggf. weitere Parameter oder Zielkurve anpassen oder Musik genießen
Tips:
zu 2) Das Mikrofon kann man an einem Messpunkt ca. 10cm hinter dem Sweet-Spot platzieren, zwischen die zwei Lautsprecher gerichtet, wenn die Kalibrierdatei auf 0° eingemessen wurde. Die gemessenen Werte sollten nicht übersteuern, aber auch nicht einen zu niedrigen Pegel aufweisen. Den Verstärker am besten so weit aufdrehen, wie man laut Musik hören würde (80-85dB).
zu 3) Die Zielkurve (Targetcurve) bestimmt den gewünschten Frequenzverlauf und kann graphisch (oder numerisch in der Acourate.ini) verändert werden. Für Raummessungen ist die ab 1kHz abgesenkte Zielkurve ein guter Beginn. Rolloff kompensiert mitunter die messtechnisch bedingte Schärfe im Hochtonbereich. Shelf kann man dazu nutzen, den Bass etwas kräftiger abzubilden, Quick'n'dip beinhaltet drei frei parametrische Regler für manuelle Korrekturen oder Effekte (z.B. Loudness), Rollon bei empfindlichen Möbeln oder Nachbarn.
Bei der Einstellung "Phase+Amplitude" wird ein Filter erstellt, das auch eine Phasenkorrektur durchführt, aber dafür eine Verzögerung von 64ms zur Folge hat. Bei "Amplitude" werden minimalphasige Filter mit einer wesentlich geringeren Latenz erzeugt aber ohne die (Exzess-)Phasenkorrektur.
Wenn man zweiseitig Weichen betreibt, dann auf 6-IIR; bei einseitigen Weichen (nur Tief- oder Hochpass) kann man 10-IIR Parameter wählen (derzeit muss man manuell in der .xml die Werte für die einseitige Weiche eintragen).
zu 4) Die Glättung so wählen, wie der Hörplatz erfordert: Eine harte, geringe Glättung bewirkt eine ausgeprägtere Korrekturkurve und somit eine stärkere Korrektur, allerdings an der einen gemessenen Position. An einer anderen Hörposition wird diese starke Korrektur nicht mehr passen und sich stärker negativ auswirken.
Die maximale Pegelabsenkung (in den Voreinstellungen) so gering wie nötig wählen, damit die Lautstärkeeinbuße nicht zu groß wird, aber groß genug, um Frequenzgangsenken gerade auszugleichen, wie man im Frequenzverlauf der gemessenen zu der korrigierten Kurve erkennen kann.
Im Graph des Berechnungsergebnisses sollte im Verlauf die korrigierte Kurve von der gemessenen Kurve im tiefsten Punkt fast berührt werden. In der Ansicht der FIR-IIR-Kontrolle sieht man den Verlauf und die Verteilung der Korrektur auf FIR und IIR-Filter. Ein Einstellknopf nach oben (+5) verändert die Verteilung zugunsten der FIR-Filter. Dies könnte hilfreich sein, wenn die IIR-Filter instabil werden oder Ansätze von Preringing durch die FIR-Filter verringert werden sollen. Sind Ausreißer (>ca.5dB) im Verlauf der FIR-Kontroll-Kurve zu sehen, so wird man wahrscheinlich Preringing haben. Ab der Version 2.1.4 sollte man stufenweise die Einstellung für FWD (Frequency Dependent Windowing) verringern können, was gegen diesen unerwünschten Effekt wirkt, indem das Zeitfenster bei der Pulsantwort verkürzt und somit mehr der Direktschall betrachtet wird. Bei meinem schallharten, hallenden Raum musste ich auf FWD=2 runtergehen, um eine "saubere" Korrektur zu bekommen.
Die Graphen der Impuls- bzw. Sprungantwort der Messung geben Auskunft über das Zeitverhalten des Lautsprechers und Reflexionen, der RT60 Verlauf zeigt Informationen über die Halldauer im Raum über die Frequenz.
zu 5) Es wird immer eine neue AcourateDRC.xml erzeugt, also immer die zu sichernde .xml umbenennen. Das .xml-File könnte man manuell bearbeiten, falls notwendig.
zu 6) Zunächst erscheint das Klangbild wahrscheinlich leise und matt. Das ist normal, weil die Korrektur bis zu 10dB Schalldruck kosten kann. Einfach etwas reinhören, dann stellt man allmählich die positiven Veränderungen fest. Es ist zu empfehlen, zuerst auf Preringing zu achten und zu eliminieren (siehe FWD unter 4.). Es hört sich bei z.B. knackiger Basedrum wie ein "Vorpumpgeräusch" an. Später kann man nach und nach die erwünschte Targetkurve anpassen.
Alle Ausführungen beziehen sich zumindest auf die Version 2.1.3., teilweise auf eine Vorabversion 2.1.4.
Was bringt's, wie klingt's:
AcourateDRC holt aus dem OpenDRC eine Menge raus und bewirkt richtig angewandt eine deutlich hörbare Verbesserung dahingehend, wie sie von den Acourate-Usern oft beschrieben wird. Das Gespann kann auch größere Klangmängel in bedürftigen Musikanlagen ausgleichen. Bei einem guten Setup wird das Klangbild ruhiger und entspannter, die Instrumente bleiben an ihrem Platz und sind besser ortbar, der Bass wirkt schneller und tiefer, alles wirkt klarer und echter. Ich höre nicht mehr ohne.
Obwohl das Programm in der Bedienung sehr einfach ist, stellt es keine "One-Button-Lösung" dar, weil man doch an die individuellen Gegebenheiten iterativ optimieren muss bzw. kann. Das bessere Ergebnis rechtfertigt den Aufwand.
Derzeit ist das Programm nur in Verbindung mit dem OpenDRC/Minisharc nutzbar und es fehlen leider gegenüber der Acourate-Vollversion viele Funktionen wie z.B. PRC oder FIR-Weichenfunktionen. Uli Brüggemanns exzellenter Service ist auch für AcourateDRC-Nutzer verfügbar.
Über den Tellerrand:
Als direkte Alternative kann man nur das teurere Bundle von MiniDSP mit dem DDRC und angepassten Dirac als Korrektursoftware sehen. Ein internationaler User gibt diesem System aber keinen Zugewinn. Den OpenDRC kann man auch mit Daten anderer Korrekturfiltersoftware wie PORC oder align2 füttern, jedoch habe ich keinen User gefunden, der damit bessere Ergebnisse erzielte. Rephase ist ein vielseitiges Tool für die manuelle Erstellung von FIR-Filtern, kann aber keine Korrekturfilter für die Raumakustik berechnen.