(Eine Anmerkung vorab:
Eigentlich ist diese Thematik "unerwünschter Mitteltonanteil wird aus Reflexrohr abgestrahlt" für reine Subwoofer kaum relevant ... und dies ist hier - wenn ich es richtig verstanden habe - eigentlich ein "Subwoofer Thread". Ich gehe trotzdem nochmal darauf ein, weil es von Interesse scheint.)
freeezebox hat geschrieben:
Passivmembranen verhindern ebenfalls den Austritt von Mitteltonanteilen, und die Positionierung der BR-Öffnungen auf der Rück- oder Unterseite dienen u.a. auch diesem Zweck.
Hallo Jörn,
Hallo Forenten,
da stimme ich Dir zu. In einem 2-Wege (oder auch 3-Wege) System, in dem der Tieftöner bis weit in den Mittelton betrieben wird, kann die aus mech. Nachgiebigkeit des Gehäusevolumens und Massereaktanz des Ports gebildete Tiefpass-Charakteristik der Port Abstrahlung zu höheren Frequenzen hin nicht aufrecht erhalten werden, weil der "Luftkörper" im Port zu höheren Frequenzen beginnt, in sich zu schwingen und damit "schallleitend" wird, meist irgendwo im Mittelton.
Relevanz für Subwoofer:
Für reine Subwoofer und "Tieftonabteile" von Mehrwegeboxen mit niedrigen Trennfrequenzen spielt dieser potentielle Nachteil von "ported" Designs m.E. jedoch keine Rolle, weil hier für tiefe Frequenzen bei richtiger Auslegung zuverlässig vermieden werden kann, daß der Port schallleitend wird. Lediglich eine unpraktikable Länge des BR-Rohrs ("Port") kann - bei gewähltem Rohr-Querschnitt - einen Passivschwinger auch hier wünschenswert machen.
Bei dem von mir konstruierten und gemessenen Subwoofer oben
http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... =30#p91091
erkennt man u.a. in diesem Diagramm
http://abload.de/image.php?img=10_brvsc ... dd7uv1.png
eine kleine Abweichung bei ca. 430Hz zwischen dem BR-Gehäuse und der geschlossenen Version:
Diese kleine Anhebung ist auf eine Portresonanz geringer Ausprägung zurückzuführen, welche weit mehr als 2 Oktaven oberhalb der geplanten Übernahmefrequenz (80Hz ...100Hz) des Subwoofers liegt: Obwohl dieser Subwoofer einen recht langen Reflexkanal hat (mehr als 30cm), ist unerwünschte Schallleitung durch den Port im gesamten Übertragungsbereich und bis weit darüber hinaus dort also kein Problem.
Relevanz für Bassreflex-Systeme mit Tief-Mitteltönern (meist 2-Wege Systeme):
Ich hatte in meinen vorigen Posts - mein obiger Post mit Messungen zu BR-Systemen ist ja aus einem anderen Thread hierher "transplantiert" worden - bereits darauf hingewiesen, daß bei 2-Wege Systemen das BR Prinzip u.U. besser mit einem Passivschwinger realisiert werden sollte, wenn hohe Ansprüche an die Schalldämmung des Gehäuses im Mittelton bestehen.
Allerdings sollte der verwendete Passivschwinger dann seinerseits eine hinreichend stabile Membran aufweisen, damit diese ihrem mechanischen Ersatzschaltbild als "Masseklotz" auch wirklich nahekommt und nicht doch wieder ein "akustisches Leck" im Mittelton darstellt.
Für solche Reflexkanäle, die dann doch etwas Mitteltonanteil abstrahlen können, ist es sicher gute Praxis, sie wenigstens nicht auf den Hörer zu richten, sondern die Bündelung der Gehäuseabmessungen zu nutzen, um diese Anteile tendenziell z.B. zur Seite (nach außen), nach unten oder nach hinten zu richten, auch wenn man davon keine Wunder erwarten sollte.
Auch ein "Nest" aus Dämpfungsmaterial hinter dem Chassis, sowie eine insgesamt hinreichende Bedämpfung im Gehäuse (hier wurden von Jörn "Filzlabyrinthe" erwähnt) tragen dazu bei, das Problem zu minimieren. BR-Gehäuse können durchaus recht ordentlich mit Dämpfungsmaterial gefüllt werden: Solange die relevante Umgebung des Ports und der Port selbst frei ist und hohe Strömungsgeschwindigkeiten zulässt, lassen sich immer noch sehr brauchbare Gehäusegüten Qb erreichen. Das von mir oben konstruierte und vermessene Subwoofer-Gehäuse ist z.B. recht "proper" gefüllt ... dort, wo es die Funktion nicht stört.
Allerdings sollten dann m.E. in BR-Gehäusen räumliche Lage und Art der Dämpfungsmaterialien gut gewählt und kontrolliert sein. Dazu können z.B. Gitter, Netze oder auch Haken und eine Verspannung aus flexiblen Bändern verwendet werden.
Zu den Ventilierungsgeräuschen am Port:
Sie treten auf, wenn eine im wesentlichen laminare Strömung im Port in eine turbulente übergeht. Das passiert bei Überschreiten einer gewissen Strömumgsgeschwindigkeit recht "plötzlich" und kann durch Formgebung und Dimensonierung (hinreichender Querschnitt) des Reflexkanals zuverlässig vermieden werden, wie Charles bereits schrieb.
(@ Charles: Deine Anmerkung war diesem Punkt zwar korrekt, jedoch ist wird unter (eng.) "Leakage" im Zusammenhang mit BR-Gehäusen etwas anderes verstanden. In den Aufsätzen u.a. von Richard Small wird u.a. eine pauschale "Leckage" im Ersatzschaltbild angesetzt. Dies ist eine Widerstandskomponente, welche für die endliche Güte Qb des BR-Gehäuses verantwortlich ist. Dies kann u.a. eine echte Leckage z.B. durch undichte Staubschutzkalotten von Chassis sein, aber auch Reibungskomponenten im Port u.dergl. . Der Sinn dieser Leckage-Komponente ist, daß man sie über eine Messung von Qb am realen Objekt im Ersatzschaltbild festlegen oder auch vorab im Design durch Erfahrungswerte abschätzen kann, um zu sehr realitätsnahen Simulationen zu kommen. Dazu muss man jedoch nicht unbedingt wissen, wo die "Leckage" genau herkommt, um damit weiterarbeiten zu können.)
Hans-Martin hat geschrieben:
Hallo Fujak
Die Stimmwiedergabe z.B. profitiert von der Dämpfung durch Schaumstoff im Rohr, dessen Wirkung auf höhere Frequenzen stärker ist als auf niedrige. Die BR-Frequenz wird vermutlich wenig beeinflusst, prinzipiell wird durch Dämpfung die Kurve etwas flacher und breiter, das ist aber mMn weniger negativ hörbar als der Zugewinn im Mitteltonbereich überzeugt.
...
Hallo Hans-Martin,
wenn ein BR-System, welches bis in den Mittelton betrieben wird, Probleme mit einem im Mittelton schalleitenden bzw. resonierenden Reflexkanal hat, dann kann Verschließen des Kanals ganz klar eine verbesserte Mitteltonübertragung bewirken, volle Zustimmung dazu.
Deshalb ist das Veschließen des Kanals - wenn z.B. vormals eine basstaugliche BR-Kleinbox nur noch als Satellit oberhalb z.B. 80Hz mit einem Filter >=12dB/Oktave betrieben werden soll - durchaus eine Option.
Hans-Martin hat geschrieben:
Die BR-Frequenz wird vermutlich wenig beeinflusst,
Mir dieser Teilaussage liegst Du jedoch leider gänzlich falsch:
Die mechanische Belastarkeit des Treibers im Bereich der ursprünglichen BR Abstimmfrequenz wird bereits dann erheblich(!) verringert, wenn der Querschnitt des Kanals durch Schaumstoffe oder faseriges Material auch nur nennenswert verengt wird: Die Güte Qb sinkt dadurch ab und die Abstimmfrequenz ebenfalls, dadurch steigt der Membranhub an der vormaligen Abstimmfrequenz erheblich an: Eine Verdopplung des Hubs ergibt sich z.B. bei gleicher Eingangsspannung gegenüber dem unveränderten BR sehr schnell und es kann auch viel mehr werden ...
Will man damit Pegel hören wie zuvor - ohne daß der Satellit entsprechend hochpassgefiltert wird - bringt man den LS nun sehr schnell an seine Auslenkungsgrenzen und darüber hinaus: Absolute Vorsicht also bitte, besonders wenn jemand hier ohne Messgeräte und "intuitiv" vorgehen sollte ...
In vielen Fällen ist vollständiges Verschließen des Kanals - wie oben von Fujak vorgeschlagen - eine echte Option, wenn dadurch eine geschlossene Box mit einer Gesamtgüte Qt wenigstens deutlich unter 1 ensteht. Dies sollte bei vormals vernünftigen BR-Abstimmmungen mit elektrisch hinreichend bedämpften Treibern eigentlich fast immer der Fall sein.
Man kann dann den Kanal dicht zum äußeren Ende hin verschließen, zusätzliche Füllung mit dämpfenden Materialien evt. "für's gute Gewissen". Nur wenn dadurch eine unterbedämpfte geschlossene Box entstünde, kann man gezielt mit einem "verlustbehafteten Port" arbeiten, der nicht dicht verschlossen wird. Dieser würde dann mit Wollfasern o. dergl. gefüllt und so die Rolle eines "Fließwiderstandes" übernehmen:
Die Funktion des Ports als "Massereaktanz" ist dann aber weitgehend dahin und man muss mit der mech. Belastbarkeit s.o. vorsichtig sein.
Das Ganze geht dann eher in Richtung "Variovent" ... es gibt bei Gehäusen 4ter Ordnung einen stufenlosen Übergang von "BR" hin zu einer "geschlossenen Box mit Leckage", welche sogar noch stärkere Dämpfung haben kann, als eine übliche geschlossene (sealed) Box ...
Viele Grüße
Oliver