Hallo zusammen,
Udor hat geschrieben:Ich hoffe das ist jetzt nicht zu OT da es hier ja eher um die Theorie ging...
Ganz im Gegenteil, Udo, es ging ja um die Interpretation der Raummoden. Und da war etwas mehr Praxis durchaus von Nöten. Jedenfalls vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht und die Tipps für die Tools!
Ich will auch gleich von drei für mich persönlich interessanten kleinen Experimenten berichten, die ich gemacht habe.
1. Vermessung der Resonanzfrequenzen im Raum
Zunächst habe ich mir das Tool REW installiert und den Sinus-Frequenzgenerator verwendet, der dort eingebaut ist (by the way: kennt jemand noch einen anderen Freeware Sinus-Generator?). Die Lautsprecher habe ich an den für mich bisher für optimal gehaltenen Lokationen aufgestellt (das von der Länge her auf 1/4 des Hörraumes und etwas asymmetrisch zur Mittelachse).
Messkette:
REW Sinus-Frequenzgenerator -> Fireface UC -> Lautsprecher
Micro -> Fireface UC -> TotalMix Pegelanzeige
Also feste Frequenz angefahren und mit einem Mikro gemessen, welche Resonanzen so im Raum sind. Alles stichprobenartig und die Pegel beobachtet.
Das Ergebnis (in meinem Hörraum): Die fundamentale Raumresonanz (bei mir 36,5 Hz) macht ihrem Namen alle Ehre.
- Wenn ich 36,5 Hz einstelle, ist es an der Wand fast erdrückend während in der Raummitte nichts ungewöhnliches zu spüren ist.
- Andere Resonanzen sind vorhanden, aber bei Weitem nicht so deutlich messbar.
Das hätte ich so deutlich nicht erwartet. Vor allem scheinen bei meinem Hörraum und meinen Lautsprechern die Resonanzen in Breite (--> gut gefülltes Holzregal fast über die ganze Raumlänge) und Höhe (--> Holzdecke) nicht so gravierend zu sein. Das wird in einem anderen Hörraum sicher anders sein. Aber ich kann jedem empfehlen, der sich mit dieser Thematik beschäftigt und es noch nicht gemacht hat, sich die Raumresonanzen einfach mal in Reinform anzuhören. Auch ohne Micro. Das ist sehr aufschlussreich!
2. Umstellen der Lautsprecher
Ausgerüstet mit ein paar Musiktiteln, in denen meine kritischen Resonanzfrequenzen vertreten sind (die ich aber auch sonst gerne höre) habe ich verschiedene Lautsprecherpositionen ausprobiert.
Habe dann, ausgehend von meiner bisherigen Lieblingsposition, verschieden Standorte von Hörposition und Lautsprecher ausprobiert. Natürlich nicht alle Möglichkeiten. Und immer in Bezug auf die aus meiner Sicht kritischen Resonanzen. Jetzt könnt Ihr mich schlagen, aber die Hans-Martinsche-Regel (LS Position auf 1/6 und Hörposition auf 2/3 der Hörraumlänge) hat ein lokales Optimum gebracht quer über meine Versuche.
Ergebnis: Die fundamentale Raumresonanz wird nach wie vor angeregt. Die harmonischen dazu aber fallen nun aber nicht mehr unangenehm auf. Mit stichprobenartigen Messungen (siehe 1.) konnte ich das bestätigen.
[In Bezug auf die Höhe werde ich die LS noch optimieren und in Bezug auf die Breite habe ich eine symmetrische Aufstellung mit jeweils 1/4 Raumbreite zur Wand gewählt. Der Grund hierfür liegt in der Anordnung der LS als Bass-Array, aber das wäre jetzt eine
andere Geschichte...]
3. Abschneiden oberhalb der Raumresonanz
Ausgehend von Holgers Fragestellung
Manger_Fan hat geschrieben:Um auf die Berechnung zu kommen, heißt dass das ich die Hauptmode von 36,49 Hz meiden sollte und die A10 z.B. bei höheren Lautstärken nur bis 40 Hz laufen lasse?
habe ich mir mit Hilfe von Ulis (((acourate))) ein Filter gebaut, dass die Frequenzen unterhalb von 40 Hz abschneidet.
Meine Einstellungen waren: Generate Crossover, f-lowest 40 Hz, Neville-Thiele (vielleicht geht es ja besser, Tipps wie immer willkommen!)
Damit bin ich mit der "Wav-Filter" Funktion in (((acourate))) der schönen Aufnahme
Bach, Toccata und Fuge, d-moll, von Edgar Krapp aus dem Dom zu Passau, die mir
hier von Sigi empfohlen wurde, zu Leibe gerückt. Bei dieser Aufnahme nämlich wird auf dem Grundton das Sub-Kontra-D auf dieser weltgrößten Kirchenorgel sehr ordentlich angeblasen. Das sind ca. 18Hz. Die erste Obertonschwingung liegt wieder bei 36 Hz. In meinem Hörraum fatal.
Jetzt kann ich also vergleichen, wie sich die weltgrößte Kirchenorgel anhört oberhalb von 40 Hz einerseits und in voller Pracht andererseits. Eigentlich ist es nur ein undifferenziertes Brummen, was da rausgeschnitten wurde (mit Ulis tool kann man dieses hörbar machen, indem man die wav-Datei mit dem den betreffenden Tiefpass Filter bearbeitet). Aber dieses Brummen macht offenbar den Kirchenraum. Die abgeschnittene Aufnahme hätte - was den Raum betrifft - auch mit einer Studioorgel gemacht worden sein können.
Mein persönliches Fazit: Resonanzfrequenz hin oder her, wenn ich mir solche Aufnahmen überhaupt anhöre, dann nur mit dem Tiefbass. Gegen die Resonanzfrequenz bei 36 Hz gibt es aus meiner Sicht folgende Möglichkeiten: (A) ein größerer Hörraum, so ab 11 m ist man mit der fundamentalen Raumfrequenz unterhalb von 16 Hz oder (B) optimierte Hör- und Lautsprecherposition, hilft aber eben nur zum Teil und/oder (C) ein Double Bass Array, das die Resonanzen per Gegenbass verhindert (und was ich weiter verfolgen werde) und/oder (D) massive raumakustische Maßnahmen oder aber (E) Frequenzen abschneiden, was ich für mich eben ausschließen möchte.
Viele Grüße
Harald