Vorstellung meiner "Neuen" ... Monitor 1
Verfasst: 09.02.2013, 19:10
Hallo zusammen!
Nach fast 2 Jahren ist es endlich soweit. Meine ersten „eigenen“ Aktiven sind fertig . Zwischenzeitlich hätte ich fast gedacht, dass es niemals dazu käme, aber während bei uns in der Region die Straßen vom Karneval beherrscht werden, war die beste Zeit, sich ungestört im Messlabor einzuschließen und die Sache zu Ende zu bringen !
Ich möchte euch hier kurz erzählen, wie es zu diesem Projekt kam und meine Ergebnisse vorstellen.
Nach meinem „traumatischen“ Zusammentreffen mit einem Pärchen BM10 (s. Vorstellungsthread) im Jahre 2009, ließ mich der Wunsch nicht mehr los, auch aktiv (geregelt) Musik zu hören. Leider lagen (und liegen…) die entsprechenden Modelle weit außerhalb meines Studentenbudgeds. Zudem wollte ich in meinem „Wohnzimmer(chen)“ auch noch ein bisschen Bewegungsfreiheit, große Standboxen schieden also auch aus. Es mussten also Monitore her. Ich fertigte eine Skizze an:
Alles Weitere sollte dann dem Grundsatz folgen:
„Ich will alles, was die Großen können – nur viel kleiner!“
Dabei wollte ich von vornherein auf der digitalen Schiene fahren. Zentral sollte ein DSP die Signalverarbeitung übernehmen, die beiden Frequenzwege phasenlinear auftrennen und über eine Über-Alles-Entzerrung (nicht Raumentzerrung) den Frequenzgang nach Messung linealgerade ziehen. Der Tiefmitteltöner sollte dabei eine analoge Regelung spendiert bekommen, um die Thiele und Small-Geschichte „auszuhebeln“ – es war schließlich ein Gehäuse mit gerade mal 20 Litern als geschlossene Box angesetzt.
Soweit die Ziele… endlose schlaflose Nächte, Rückschläge und viiiiiel Kaffee später, dann das wohlverdiente Happyend :
Ich entschied mich für eine 30 mm Seidenkalotte (Keramik oder Metall sagten mir nicht wirklich zu…wehe gleich kommt der Witz mit dem „Seidigen Klang“ !), in Verbindung mit einem 20 cm Nomex-Pappkonus. Aus gefühlten 100 Datenblättern blieben nur zwei Chassis übrig, die von Haus aus die gewünschte Linearität hatten, bezahlbar waren, und der Forderung gerecht wurden, die Trennfrequenz ungewöhnlich tief wählen zu können. Der TMT sollte möglichst wenig „Eigenleben“ haben, um nicht bei der Regelung in Probleme zu laufen (derer sollte es trotzdem reichlich geben).
Als nächstes war die Elektronik dran. Die Endstufen sollten eigene kleine Module werden, ebenso der DSP (um evtl. „upgraden“ zu können), und es sollte eine Art „Mainboard“ mit den unterschiedlichen Netzteilen, einem Digital-Interface usw. geben.
Die Endstufen wollte ich urprünglich komplett diskret planen und aufbauen, entschied mich dann aufgrund vieler guter Erfahrungen hier im Forum und brauchbarer Messwerte doch für integrierte MOS-Endstufen, was ich bisher auch nicht bereut habe. Man kann sie im Prinzip ähnlich wie einen „dicken“ Operationsverstärker behandeln.
Für den MHT setze ich eine Endstufe mit einer Mischung aus Strom- und Spannungsgegenkopplung ein. Im Bereich hoher Frequenzen soll die Stromgegenkopplung u.a. den Effekt der steigenden Schwingspuleninduktivität entschärfen. So richtig möglich wird das aber erst durch die scharfe Abkopplung der tieferen Frequenzen (Resonanz des MHT, die aber sehr tief liegt), den Übergang zu Spannungsgegenkopplung im unteren Übertragungsbereich und eine Vorentzerrung.
Im Tiefton werkelt eine Technik, die vergleichbar mit der AFB- Regelung sein dürfte, die BM in den 80ern vorstellte. Ein Electretkondensatormikrofon nimmt den Schalldruck auf (und gibt damit eine im allerweitesten Sinne der Beschleunigung proportionale Spannung ab, die dann gegengekoppelt wird). Es gelingt damit, die Resonanzfrequenz des Systems nach unten zu verschieben, sodass der Wiedergabebereich beträchtlich erweitert werden kann.
Trotz Software wie Matlab hatte ich hiermit in der Praxis noch genug Probleme. Erreicht man im unteren Übertragungsbereich annehmbare Gegenkopplungsgrade, fängt die Geschichte obenrum an instabil zu werden, kurz: ES WAR EIN KRAMPF !
Die Regelung greift jetzt nennenswert bis hoch zu 500 Hz, was denke ich hier das maximal sinnvolle ist.
An den Winterabenden war dann noch genug Zeit, um sich in der Werkstatt an den Gehäusen auszulassen:
Furniert habe ich selber, an den Kanten sollten es Viertelstäbe sein:
Das Lackieren überließ ich aber dann doch dem Schreiner, was eine sehr gute Entscheidung war !
Das Dämmkonzept aus Noppenschaum und Vlies verfolgt das Ziel, höhere Harmonische, die der TMT abstrahlt, zu absorbieren (Noppenschaum). Was dann noch an tieferen Resonanzen auftreten könnte, soll über das Vlies „vernichtet“ werden, was aber aufgrund der geringen Gehäuseabmaße recht unkritisch ist.
Durch den Stecker kann der Elektronikeinschub ganz leicht vom Rest der Box getrennt werden:
In den vergangenen Tagen ging es dann endlich ins Messlabor, die Stunde der Wahrheit.
Mit den aufgenommenen Impulsantworten/Frequenzgängen konnte ich dann eine „inverse“ Korrekturkurve als FIR-Filter entwerfen, dessen Impulsantwort per DSP ins Musiksignal gefaltet wird. Glücklicherweise liegt die „Korrekturdynamik“ nur im Bereich von +/- 3 dB.
Hier der Frequenzgang nach erfolgter Entzerrung:
Den leichten Anstieg der Höhen ab 12 kHz ließ ich gewollt unkorrigiert, da er das Klangbild bei niedrigen Lautstärken gut „durchhörbar“ macht und gleichzeitig schwach genug ist, um nicht nervig zu werden .
Ergänzend habe ich noch eine Klirrfaktormessung gemacht, die natürlich nicht die Aussagekraft besitzt, da ich den Pegel nicht gemessen habe. Es war bei der höchsten Lautstärke, die ich bei mir zu Hause fahren würde.
Und wie „klingen“ sie nun?
Ich kann nur sagen, nach der Arbeit kommt nun wirklich das Vergnügen. Ich bin absolut begeistert . OK- der Blick auf etwas Selbstgebautes ist immer ein anderer, aber für mich ist das Ziel erreicht. „Alles, was die Großen können – nur kleiner!“.
Das Klangbild ist sehr ausgewogen, nichts resoniert oder drängt sich auf, auch bei größeren Lautstärken bleibt die Wiedergabe straff. Beachtlich, welchen präzisen Tiefgang die Kleinen bringen. Genau so sollte es sein! Die Musik plätschert einfach so vor sich hin, ohne Über- oder Untertreibungen.
Die räumliche Abbildung ist ausgezeichnet. Für mich ein Grund mehr, auch weiterhin auf phasenlineare Weichen zu setzen. Ich habe die idealen Lautsprecher für meinen 18 m² Raum mit 2m Hörabstand jedenfalls gefunden.
Insgesamt hoffe ich, dass dieser Beitrag nicht zu technisch/langweilig geraten ist, und dass vielleicht der ein oder andere, der schon einmal über ein eigenes Aktivprojekt nachgedacht hat, noch mal Lust darauf bekommt .
Viele Grüße,
Roman
Nach fast 2 Jahren ist es endlich soweit. Meine ersten „eigenen“ Aktiven sind fertig . Zwischenzeitlich hätte ich fast gedacht, dass es niemals dazu käme, aber während bei uns in der Region die Straßen vom Karneval beherrscht werden, war die beste Zeit, sich ungestört im Messlabor einzuschließen und die Sache zu Ende zu bringen !
Ich möchte euch hier kurz erzählen, wie es zu diesem Projekt kam und meine Ergebnisse vorstellen.
Nach meinem „traumatischen“ Zusammentreffen mit einem Pärchen BM10 (s. Vorstellungsthread) im Jahre 2009, ließ mich der Wunsch nicht mehr los, auch aktiv (geregelt) Musik zu hören. Leider lagen (und liegen…) die entsprechenden Modelle weit außerhalb meines Studentenbudgeds. Zudem wollte ich in meinem „Wohnzimmer(chen)“ auch noch ein bisschen Bewegungsfreiheit, große Standboxen schieden also auch aus. Es mussten also Monitore her. Ich fertigte eine Skizze an:
Alles Weitere sollte dann dem Grundsatz folgen:
„Ich will alles, was die Großen können – nur viel kleiner!“
Dabei wollte ich von vornherein auf der digitalen Schiene fahren. Zentral sollte ein DSP die Signalverarbeitung übernehmen, die beiden Frequenzwege phasenlinear auftrennen und über eine Über-Alles-Entzerrung (nicht Raumentzerrung) den Frequenzgang nach Messung linealgerade ziehen. Der Tiefmitteltöner sollte dabei eine analoge Regelung spendiert bekommen, um die Thiele und Small-Geschichte „auszuhebeln“ – es war schließlich ein Gehäuse mit gerade mal 20 Litern als geschlossene Box angesetzt.
Soweit die Ziele… endlose schlaflose Nächte, Rückschläge und viiiiiel Kaffee später, dann das wohlverdiente Happyend :
Ich entschied mich für eine 30 mm Seidenkalotte (Keramik oder Metall sagten mir nicht wirklich zu…wehe gleich kommt der Witz mit dem „Seidigen Klang“ !), in Verbindung mit einem 20 cm Nomex-Pappkonus. Aus gefühlten 100 Datenblättern blieben nur zwei Chassis übrig, die von Haus aus die gewünschte Linearität hatten, bezahlbar waren, und der Forderung gerecht wurden, die Trennfrequenz ungewöhnlich tief wählen zu können. Der TMT sollte möglichst wenig „Eigenleben“ haben, um nicht bei der Regelung in Probleme zu laufen (derer sollte es trotzdem reichlich geben).
Als nächstes war die Elektronik dran. Die Endstufen sollten eigene kleine Module werden, ebenso der DSP (um evtl. „upgraden“ zu können), und es sollte eine Art „Mainboard“ mit den unterschiedlichen Netzteilen, einem Digital-Interface usw. geben.
Die Endstufen wollte ich urprünglich komplett diskret planen und aufbauen, entschied mich dann aufgrund vieler guter Erfahrungen hier im Forum und brauchbarer Messwerte doch für integrierte MOS-Endstufen, was ich bisher auch nicht bereut habe. Man kann sie im Prinzip ähnlich wie einen „dicken“ Operationsverstärker behandeln.
Für den MHT setze ich eine Endstufe mit einer Mischung aus Strom- und Spannungsgegenkopplung ein. Im Bereich hoher Frequenzen soll die Stromgegenkopplung u.a. den Effekt der steigenden Schwingspuleninduktivität entschärfen. So richtig möglich wird das aber erst durch die scharfe Abkopplung der tieferen Frequenzen (Resonanz des MHT, die aber sehr tief liegt), den Übergang zu Spannungsgegenkopplung im unteren Übertragungsbereich und eine Vorentzerrung.
Im Tiefton werkelt eine Technik, die vergleichbar mit der AFB- Regelung sein dürfte, die BM in den 80ern vorstellte. Ein Electretkondensatormikrofon nimmt den Schalldruck auf (und gibt damit eine im allerweitesten Sinne der Beschleunigung proportionale Spannung ab, die dann gegengekoppelt wird). Es gelingt damit, die Resonanzfrequenz des Systems nach unten zu verschieben, sodass der Wiedergabebereich beträchtlich erweitert werden kann.
Trotz Software wie Matlab hatte ich hiermit in der Praxis noch genug Probleme. Erreicht man im unteren Übertragungsbereich annehmbare Gegenkopplungsgrade, fängt die Geschichte obenrum an instabil zu werden, kurz: ES WAR EIN KRAMPF !
Die Regelung greift jetzt nennenswert bis hoch zu 500 Hz, was denke ich hier das maximal sinnvolle ist.
An den Winterabenden war dann noch genug Zeit, um sich in der Werkstatt an den Gehäusen auszulassen:
Furniert habe ich selber, an den Kanten sollten es Viertelstäbe sein:
Das Lackieren überließ ich aber dann doch dem Schreiner, was eine sehr gute Entscheidung war !
Das Dämmkonzept aus Noppenschaum und Vlies verfolgt das Ziel, höhere Harmonische, die der TMT abstrahlt, zu absorbieren (Noppenschaum). Was dann noch an tieferen Resonanzen auftreten könnte, soll über das Vlies „vernichtet“ werden, was aber aufgrund der geringen Gehäuseabmaße recht unkritisch ist.
Durch den Stecker kann der Elektronikeinschub ganz leicht vom Rest der Box getrennt werden:
In den vergangenen Tagen ging es dann endlich ins Messlabor, die Stunde der Wahrheit.
Mit den aufgenommenen Impulsantworten/Frequenzgängen konnte ich dann eine „inverse“ Korrekturkurve als FIR-Filter entwerfen, dessen Impulsantwort per DSP ins Musiksignal gefaltet wird. Glücklicherweise liegt die „Korrekturdynamik“ nur im Bereich von +/- 3 dB.
Hier der Frequenzgang nach erfolgter Entzerrung:
Den leichten Anstieg der Höhen ab 12 kHz ließ ich gewollt unkorrigiert, da er das Klangbild bei niedrigen Lautstärken gut „durchhörbar“ macht und gleichzeitig schwach genug ist, um nicht nervig zu werden .
Ergänzend habe ich noch eine Klirrfaktormessung gemacht, die natürlich nicht die Aussagekraft besitzt, da ich den Pegel nicht gemessen habe. Es war bei der höchsten Lautstärke, die ich bei mir zu Hause fahren würde.
Und wie „klingen“ sie nun?
Ich kann nur sagen, nach der Arbeit kommt nun wirklich das Vergnügen. Ich bin absolut begeistert . OK- der Blick auf etwas Selbstgebautes ist immer ein anderer, aber für mich ist das Ziel erreicht. „Alles, was die Großen können – nur kleiner!“.
Das Klangbild ist sehr ausgewogen, nichts resoniert oder drängt sich auf, auch bei größeren Lautstärken bleibt die Wiedergabe straff. Beachtlich, welchen präzisen Tiefgang die Kleinen bringen. Genau so sollte es sein! Die Musik plätschert einfach so vor sich hin, ohne Über- oder Untertreibungen.
Die räumliche Abbildung ist ausgezeichnet. Für mich ein Grund mehr, auch weiterhin auf phasenlineare Weichen zu setzen. Ich habe die idealen Lautsprecher für meinen 18 m² Raum mit 2m Hörabstand jedenfalls gefunden.
Insgesamt hoffe ich, dass dieser Beitrag nicht zu technisch/langweilig geraten ist, und dass vielleicht der ein oder andere, der schon einmal über ein eigenes Aktivprojekt nachgedacht hat, noch mal Lust darauf bekommt .
Viele Grüße,
Roman