Gute Musik zum Wachwerden. Dvoraks
Aus der neuen Welt hat moderne, dem heutigen Amerika angemessene Tempi angenommen, zumindest, wenn ich vom
Scherzo auf den Rest schließen würde. Dvorak ist in der Neuzeit angekommen. Nun passt auch endlich die ganze Sinfonie auf eine Seite einer LP ohne Umdrehen
(nach einem arbeitsreichen Tag erschien mir selbst die alte Libor Pešek Einspielung in Liverpool unter Virgin-Label tempomäßig schon grenzwertig. n.b. Antonín Dvořák kehrte 1895 nach Europa zurück, bevor das Automobil erfunden wurde).
Ich würde das zitierte Werk umbenennen in 9' (Sinfonie Nr. 9 Strich), Untertitel :
Aus der ganz neuen Welt. Dann fehlen nur noch lautmalerisch die Geräusche von Autohupen und von Polizeipistolen auf farbige Falschparker in den Rücken. Um dem Grundgeräuschpegel der Neuen Welt gerecht zu werden, wird die Aufnahme nur in komprimierter 8 Bit Technik ausgeliefert, mit 8Bit Dither ohne Noise-Shaping, Wie Dvorak wohl NSA-Handy-Abhöre oder Irak-Krieg nach gefakten Anlässen in Sinfonie-Sätze umgesetzt hätte?
In C-Dur hat er die 9. jedenfalls damals schon nicht geschrieben. [Scherzo Presto Modus off].
Auch wenn keine
Götterfunken sprühen, ist Dvoraks Neunte doch eines meiner absoluten
Favourites. Böhmische Musik-Meisterklasse, die unter die Haut geht, wenn der Dirigent den Geist des Komponisten verinnerlicht hat.
Was mich besonders interessieren würde, ist, wie unser klassikversiertes Forumsurgestein Sigi diese Einspielung sieht. Ich habe bisher nur den einen Satz gehört, und das muss meine Bewertung relativieren. Du, Joe, giltst hier als Entdecker der zitierten Einspielung, hast sie empfohlen, ohne weiter ins Detail zu gehen. Vielleicht holst du das noch nach, obgleich die emotionale Wirkung eines Stückes schwer in Worte zu fassen ist.
Die Berliner Philharmoniker haben sich bezüglich Nelson anderweitig entschieden, aber das soll hier nicht als rhetorische Geschicklichkeit meinerseits interpretiert werden, denn dieses Geschehen liegt bereits in der Vergangenheit. Boston Music Hall hat eine außergewöhnlich gute Akustik, und das dortige Symphonieorchester genießt einen ebenso exzellenten Ruf - das ist in der Summe so, wie wenn Nelson gut geheiratet hat. Und die geschätzte Ann Sophie Mutter
lächelt ihm zu, wem sonst? Ein 24-Jähriger, der offenbar der Welt etwas zu sagen hat, erarbeitet sich seinen Respekt. Den hat er auch von mir, trotz meiner Kritik am (vielleicht noch jugendlich ungestümen) Tempo.
Grüße Hans-Martin