Liebe Analogfreunde und -skeptiker,
meine erste Testreihe mit der M15A nach Gerts
Optimierung (Elkos, Operationsverstärker,
Frequenzgang der Wiedergabeverstärker) ist soweit abgeschlossen, dass ich Euch relativ sicher über den Stand berichten kann. Ihr wisst, wie aufwändig der Aufbau einer Wiedergabekette ist, wenn es um hohe Qualität geht. Mindestens genauso aufwändig ist die Aufnahmekette. Es geht um die Komponenten, Pegel, Kabel, Masseführung etc. Hinzu kommt die Einarbeitung in die Analogtechnik. Das alles braucht entsprechende Sorgfalt und Zeit.
Betrachtet habe ich verschiedene Szenarien:
A. Analoge Direktübertragung vs. Bandmaschine (Hinterband)
B. Plattenmitschnitt und Vergleich Plattenwiedergabe vs. Bandmaschine (Wiedergabe)
C. Bandmaschine als Analogquelle für Digitalisierungstests und Vergleich unterschiedlicher ADCs
Jedes Szenario gibt Auskunft über einige Aspekte. Die Problematik für mich war und ist, dass der Aufbau der Szenarien zwar nach bestem Wissen und Gewissen möglichst sorgfältig erfolgte, dass es aber immer wieder Überraschungen gab und ich mittlerweile annehmen darf, dass die einzelnen Komponenten nur in bestimmten Fällen wirklich optimiert zusammen gewirkt haben. Es soll daher hier auch nicht um die feinsten Feinheiten gehen („Ohrenbrechen“) sondern um substanzielle Unterschiede in der Qualität, die man nach ein paar Sekunden sofort hören kann.
A. Analoge Direktübertragung vs. Bandmaschine (Hinterband)
Ein sehr spannender Test. Mikrofone stehen im Wohnzimmer vor dem Flügel (ja, ich weiß, das ist nicht ideal, aber ich will das ja auch nicht auf den Markt bringen). Mit 2x30m Cordial Mikrofonkabel geht es dann in den Hörraum. Von da aus entweder per Vorverstärker direkt auf die Aktiv-Lautsprecher oder eben in den Eingang der Bandmaschine und der Bandmaschinen-Ausgang (Hinterband) wird mit dem Vorverstärker und den Aktiv-Lautsprechern verbunden. Auch ADDA-Ketten lassen sich dazwischenschalten.
Das Verfahren ist deswegen so praktisch, weil man hier mit der analogen Direktübertragung ein schönes Vergleichsnormal bekommt. Bei allen Einschränkungen (Flügel, Wohnzimmer, Mikrofonaufstellung sind alles andere als optimal) bringt die Direktübertragung von der Dynamik her, hinsichtlich der Transienten und auch in Punkto natürliche Räumlichkeit und Lokalisierbarkeit der Phantomschallquellen eine Qualität, die ich mir bei Aufnahmen so sehr wünschen würde.
Ein kurzer Vergleich mit einer – noch so guten – ADDA-Kette relativiert hier übrigens auch jede Diskussion, ob das Digitale „richtiger“ sei, als das Analoge. Denn schließlich ist das aufzunehmende Schallfeld (Urbild) analog und das von den Lautsprechern „reproduzierte“ ist ebenfalls analog. Bitte versteht mich nicht falsch: nahezu alles was in den letzten 35 Jahren produziert wurde, wurde digital aufgezeichnet. Dahinter können wir nicht mehr zurück und wir können als HiFi-Fans nur versuchen, das Beste aus dem digitalen Quellmaterial herauszuholen. Aber selbstverständlich ist elektroakustisch das analoge Signal, das aus den Mikrofonen stammt, die Referenz und nicht irgendein digitaler Datenstrom. Wer die Gelegenheit hat, das einmal auszuprobieren, sollte es unbedingt tun. Aber genug davon und an anderer Stelle mehr, denn hier soll es um die M15A gehen.
Analoge Wiedergabekette
- Flügel Yamaha C3
- 2 Brauner Phantom Classic in XY140 Anordnung, Stativ ca. 1m von der Flügelbucht entfernt, Mikrofone so ausgerichtet, dass die Haupteinfallsrichtung des Schalls möglichst Mikrofon-Systemmitte zusammenfällt
- per Vovox Sonorus direct XLR-Kabel (2x2m) in den Millennia HV-3C Mikrofon-Vorverstärker
- 2x30m Cordial CMK 222 XLR-Kabel mit Neutrik-Steckern (NC-Serie)
- optional: Telefunken M15A (mit Vovox Sonorus direct XLR-Kabeln 2x1m am Ausgang)
- Oppo G-HA als Vorverstärker
- per Vovox Sonorus direct XLR-Kabeln (2x3,5m) in die AGM 5.4 Aktiv-Lautsprecher.
Hörvergleich Analoge Signalübertragung vs. Hinterband M15A
Winfried (darwols) war wieder mit dabei. Wir haben in Ruhe gehört, während meine Frau im Wohnzimmer am Flügel einfach ihre täglichen Übungen gemacht hat.
Der erste Eindruck: Beide Varianten waren erstaunlich nah beieinander. Das Auffälligste: Durch das Einschleifen der Tonbandmaschine entsteht nicht der Eindruck einer „Tonkonserve“.
Gemeinsamkeiten: Beide stellen den Flügel sehr körperhaft*) dar. Phantomschallquellen sind leicht lokalisierbar. Transienten kommen klar und natürlich-direkt. Sehr gute Durchhörbarkeit.
Unterschiede: Der Output von der Bandmaschine klingt leicht verhangen und hat etwas weniger „Frische“ und etwas weniger räumliche Tiefe als das Original. Bei der Bandmaschine ist der Bass ganz leicht gefärbt. Bandrauschen ist nur in unmittelbarer Nähe der Lautsprecher hörbar, obwohl wir der Bandmaschine noch eine Aussteuerungsreserve von ca. 7dB gelassen haben.
*) Ich suche immer noch nach einem passenderen Begriff für die „Körperhaftigkeit“. Die einzelnen Musikinstrumente (hier der Flügel) erscheinen dreidimensional. Bei einer Violine kann man deutlich hören, dass der Körper aus Holz ist. Wer diese Eigenschaft aus eigener Hörerfahrung kennt, weiß sicher, was ich damit meine. Ich vermute, dass diese Körperhaftigkeit etwas mit der „Kohärenz“ der Wellen zwischen den beiden Kanälen zu tun hat und damit für die Interferenzfähigkeit der Schallwellen sorgt, die vom linken und rechten Lautsprecher abgestrahlt werden. Vielleicht könnte man auch von „Homogenität“ und „Ganzheitlichkeit“ des Klangeindrucks sprechen. Körperhaftigkeit setzt m.E. auch eine gute Lokalisierbarkeit voraus nicht aber umgekehrt.
B. Plattenmitschnitt und Vergleich Plattenwiedergabe vs. Bandmaschine (Wiedergabe)
Nun wollte ich ja durch diese Tests vor allem herausbekommen, wie „gut“ meine M15A heute im Vergleich zu ihrer Originalqualität von vor 40 Jahren ist. Durch einen großen Glücksfall bin ich an sehr gute Informationen über eine Aufnahmeserie gelangt, die seinerzeit rein analog und eben mit Hilfe einer M15A produziert wurde. Es handelt sich um die mittleren Beethoven-Streichquartette gespielt vom Alban Berg Quartett. Für die Technik (Mikrofonierung, Aufnahme, Schnitt) war Tomeister
Johann-Nikolaus Matthes verantwortlich. Aufnahmezeitraum: August 1978 bis Juni 1979.
Ich finde, dass diese Aufnahmen von besonderer Qualität sind und ich möchte Euch dazu einige Informationen geben, die ich sehr interessant finde. Aufgenommen wurde in einer kleinen Kirche in Seon in der Schweiz. Es kamen vorzugsweise ein Stereo-Hauptmikrofon und vier Stützmikrofone für die Mitglieder des Streichquartetts zum Einsatz. Die Mikrofonsignale wurden analog auf ein Stereo-Signal zusammengemischt und mit einer M15A aufgezeichnet (unter Verwendung von Dolby A). Die dabei entstandenen Originalbänder wurden – normalerweise ohne dass Zwischenkopien angefertigt wurden – von Matthes geschnitten. Das so resultierende Masterband wurde in die Schneideanstalt zur Plattenproduktion gegeben. Eine sehr puristische Arbeitsweise, wie ich finde. Man konnte schon unmittelbar nach der Aufzeichnung durch Abspielen des Originalbandes das endgültige Resultat beurteilen.
Von dieser Aufnahme habe ich mir also schwarze Platten besorgt und bin mit meiner M15A im Gepäck zu Reiner (easy) gefahren, um dort zu vergleichen, wie sich meine M15A im Vergleich zu Reiners Plattenwiedergabe schlägt. Es zeigte sich schnell, dass es dabei auf Feinheiten ankommt. Reiners mit größter Sorgfalt liebevoll abgestimmte Schallplattenwiedergabe war meiner Tonbandmaschine so lange überlegen, so lange wir nicht alle Kabel und Zwischenkomponenten möglichst gleich gezogen haben. Ich muss also zwischen der Aufnahmekette und den beiden Wiedergabeketten auch in der Beschreibung genau unterscheiden, damit es transparent wird, was wir gemacht haben.
Aufnahmekette mit Plattenspieler → M15A
- Plattenspieler VPI Classic
- Tonarm VPI
- Tonabnehmer Koetsu rosewood signature
- Phono-Vorverstärker RCM Sensor Prelude IC
- Refine Emotion XLR-Kabel
- Oppo G-HA als Vorverstärker (variabler Pegel zur Aussteuerung)
- Jena Labs Symphony XLR-Kabel
- M15A
Wiedergabekette M15A
- M15A
- Jena Labs Symphony XLR-Kabel
- Vorverstärker MFE Tube One SE
- via Refine Audio Emotion XLR in Endstufe Hovland Radia i
- via Refine Lautsprecherkabel in Lautsprecher Avalon Ascendant
Wiedergabekette Plattenspieler (zu Vergleichszwecken)
- Plattenspieler VPI Classic
- Tonarm VPI
- Tonabnehmer Koetsu rosewood signature
- Phono-Vorverstärker RCM Sensor Prelude IC
- Refine Emotion XLR-Kabel
- Oppo G-HA als Vorverstärker (gleicher Pegel wie bei Aufnahme)
- Jena Labs Symphony XLR-Kabel
- Vorverstärker MFE Tube One SE
- via Refine Audio Emotion XLR in Endstufe Hovland Radia i
- via Refine Lautsprecherkabel in Lautsprecher Avalon Ascendant
Bei diesem
Hörvergleich war natürlich Reiner (easy) mit dabei aber auch Winfried (darwols). Wir haben verschiedene Tests gemacht und immer wieder verglichen, bis wir auf die oben beschriebenen Ketten gekommen sind. Es ist immer noch ein kleiner Nachteil zu Ungunsten der M15A enthalten: Sowohl bei der Aufnahme als auch bei der Wiedergabe wird das Jena Labs Kabel verwendet, während dieses Kabel bei der direkten Schallplattenwiedergabe nur einmal im Spiel ist. Auch sind wir in den wenigen Stunden auch nicht annähernd so genau vorgegangen, wie Reiner beim Aufbau seiner Wiedergabekette. Auf diesem extrem hohen Niveau steckt der Teufel buchstäblich im Detail.
Die Qualität, die vom Plattenspieler kam, war verdammt gut. Das Streichquartett war im Halbkreis vor uns mit feiner Räumlichkeit, mit unspektakulär natürlicher Körperhaftigkeit und äußerst hohem Detailreichtum des Streicherklangs (Stricharten, Akzente). Ich kann mich nicht erinnern, je eine so gute Streichquartett Reproduktion gehört zu haben. Und das war also mit einer M15A aufgezeichnet worden? Würde meine Maschine da rankommen?
Ja sie kommt verdammt nah ran an das exzellente Niveau von Reiners Analogquelle! Wir mussten schon ein paarmal hinhören, um Unterschiede auszumachen. Verhangen? Na vielleicht ein bisschen – ein hauchdünner Gaze-Vorhang höchstens. Fehlt etwas von der Räumlichkeit? Alles da. Was fehlt, ist ein klein wenig Genauigkeit bei den Details. Aber – Augen zugemacht – auf extrem hohem Niveau: Körperhaftigkeit, Live-Eindruck, das Streichquartett im Halbkreis vor uns.
Geschafft!
Und es ist ja immerhin auch eine Kopie der Platte - nicht vergessen, eine dem Original identische Analogkopie ist technisch unmöglich. Wenn man jetzt noch berücksichtigt, dass die Bandmaschine wegen der zweimaligen Nutzung des Jena Labs Kabels beim im Nachteil war, sie sich gegen eine super einjustierte und optimierte Analogkette behaupten musste und dass beim nächsten Einmessen der FG in den Höhen links/rechts noch etwas besser gleichgezogen werden kann, dann darf ich mit der M15A sehr, sehr zufrieden sein. Chapeau lieber Gert!
C. Bandmaschine als Analogquelle für Digitalisierungstests und Vergleich unterschiedlicher ADCs
Seit Weihnachten besitze ich einen
artistic fidelity AD converter. Mikrofon-Aufnahmen mit ihm sind sehr präzise in den Transienten und haben eine sehr hohe feindynamische Detailierung, besser als es die M15A (bei gleicher Mikrofonierung) kann.
Natürlich habe ich mit der M15A auch analoge Mikrofonaufnahmen gemacht. Sie sind körperhafter und haben eine bessere Durchhörbarkeit als Digitalaufnahmen. Diesen Qualitätsunterschied kann ich nutzen, um verschiedenen ADCs zu vergleichen.
Jetzt könnte man denken, dass das Digitalisieren schnell von der Hand geht. Aber ich bin immer wieder in Fettnäpfchen getreten dabei. Von einem will ich Euch berichten.
Bei meinen ersten Tests habe ich habe ich ein Y-Kabel verwendet, also ich habe das analoge Signal von der M15A als Quelle parallel auf die beiden ADCs afad und Fireface UC übertragen. Das digitale 192kHz Signal vom afad kommt bei mir aus einem RJ45 Ausgang und geht per RJ45 → S/PDIF Adapter in den Eingang des Fireface. Wenn ich dem Fireface dann beibringe, es soll das externe S/PDIF Signal als Clock Source verwenden, dann kann ich parallel auf mehrere Spuren aufnehmen: zwei mit dem afad und zwei andere dem Fireface. Das erschien mir elegant, weil damit auch etwaige Gleichlaufschwankungen und analoge Varianzen der M15A eliminiert werden. Nur hatte ich dabei irgendetwas falsch gemacht. Die Digitalisierungen mit dem afad waren sehr gut, die mit dem Fireface nicht ganz so klar und detailliert, aber auch sehr gut!
Was war passiert? Das Fireface hat den afad als Clock verwendet, so wie ich es ihm gesagt hatte. Offenbar verbessert die hervorragende Clock des afad das Fireface in dieser Konstellation so stark, dass die Unterschiede zwischen diesen ACDs dahingeschmolzen sind. Schlecht für diesen Test aber gut für meine weitere Arbeit mit dem afad, denn der spielt ab sofort die Masterclock in meinem kleinen Studio-Setup.
Weitere Digitalisierungstests mit der M15A als Analogquelle haben dann gezeigt, dass es klare Ergebnisunterschiede gibt im Vergleich afad vs Fireface UC. Aber ich habe auch gelernt, dass eine Digitalisierungskette ebenso optimiert werden kann/sollte wie die (Mikrofon-)Aufnahmekette und die Wiedergabekette. Das wird mich wohl noch eine Weile beschäftigen. Zumal ich mit der M15A jetzt eine sehr gute Analogquelle habe.
Viele Grüße
Harald