Hallo in die Runde,
mal wieder ein Lebenszeichen von mir. Zwischendrin war einiges zu überprüfen, weil sich z.T. unplausible Messdaten ergaben, z.B. zu starke Abhängigkeit des korrigierten Systems zur Entfernung Mikro/Horn. Bereits 2cm Entfernungsänderung führte zu einer deutlichen Verringerung der Ausschwingbedämpfung des Systems, was in einer Messentfernung von guten 3m nicht sein sollte.
Also galt es den Messraum bzw. die Anordnung darin zu prüfen. Zu den Schallabsorbern konnte ich keine Unterlagen finden, die den Absorptions-/ Reflektionsgrad oberhalb 400Hz in einer Kurve wiedergaben, sicher war lediglich, dass der Reflektionsgrad unter 0,1 lag.
Darum zunächst die Frequenzgänge ohne jede Korrektur in Messabständen von 1m, 1,4m, 2m, 2,5m und 3,16m (von oben nach unten). Die unteren beiden Kurven sind verschiedene Anordnungen im Messraum für 3,16m, Mikro einmal mittig ca 40cm vor Absorbern (für große Abstände muß ich dahin) und einmal Mikro in Raumecke. Hier sind recht starke Einflüsse auf den Frequenzgang bis hinauf zu 4kHz zu sehen.
Ferner fällt sehr deutlich auf, dass im Bereich < 600Hz ein übermäßiger Abfall von 2,5m Distanz zu 3,16m stattfindet. Als Entfernungsauswirkung unplausibel, da die anderen das übliche Verhalten zu 1/r aufweisen (kein Nahfeldeffekt). Hier wird der Raum in Sachen Dämpfung bei Messung dicht vor den Absorbern einen sehr starken Einfluß haben.
Die übrigen Verläufe sehen gut aus, passen relativ gut zu den Entfernungsänderungen. Es läßt sich rückrechnen, dass das akustische Zentrum ca 30-40cm tiefer im Horn liegen muß als die vordere „gerade Kante“ des Horns. Als akustisches Zentrum (pegelbezogen) kristallisiert sich ungefähr der Diffraktionsspalt heraus.
Bild: Frequenzgänge unter verschiedenen Abständen
Entscheidend, wenngleich auch etwas verdeckt, die beiden 2m Messungen in der Mitte. Hier ist ein geringer Unterschied zu erkennen (Mikroposition war zwischenzeitlich geändert), der aber so groß ist, dass es bei FIR-Korrekturen zu „Fehlern“ kommen muß, welche später im Bereich -40dB gegenüber Startzeitpunkt des Abklingens durchschlagen. U.a. folgte daraus zwingend die Notwendigkeit, über mehrere Winkelpositionen hinweg eine mittlere Korrektur anzustreben bzw. ein mittleres Verhalten des Horn zu identifizieren. Als Messpositionen legte ich folgende Winkel fest:
Horizontal: -10° ,-5° ,0° , +5° , +10° und diese jeweils unter vertikal -5° , 0° , +5° , alle in ca 2m Distanz.
Ferner warf sich gleich ein Problem auf: Mit welchem Programm mitteln (z.B. mit Excel)? Da der Umgang mit FilterHose und dem dort ständigen Rückspringen an den Eingabeanfang zu kompliziert wurde, kam nun noch FIR-Designer ins Haus. FIR-Designer hat zu den umfangreichen FIR-Filterfunktionalitäten eine Mittelungsfunktion (mit ggf einzelnen Gewichtungsfaktoren) und kann nach verschiedenen Verfahren mitteln. Gewählt wurde Magnitude mit min. Phase + excess Phase.
Randbemerkung: FIR-Designer wird sehr engmaschig gepflegt, Bugs nahezu umgehend ausgemerzt (z.B. Probs mit deutschem Zeichensatz), auch Wünsche teilweise sehr kurzfristig nachgearbeitet. Habe von Anfang an einen guten Draht zum Programmierer gefunden.
Die Möglichkeit der Gewichtung wurde genutzt, die Messpunkte auf und dicht an der Nullachse fanden eine stärkere Berücksichtigung als die weiter entfernten. Die Mittelung der insgesamt 15 Messpunkte führte als „Abfallprodukt“ zu einer merklichen Glättung des Frequenz- und Phasenganges.
Anhand des „durchschnittlichen“ Wiedergabeverhaltens wurden zunächst zwei FIR-Filtersätze generiert, einer der nur die Amplitude berücksichtigt (und als Referenz dienen soll) und einer der Amplitude und Phase, sprich das zeitliche Verhalten mit berücksichtigt. Die Amplitude wurde im Bereich 440Hz bis 15kHz korrigiert und die Phase 440Hz bis 24kHz.
Zunächst die Amplitudenkorrektur:
Um einen möglichst glatten Übergang von nicht korrigiertem (Bereich bis 440Hz mit v=0dB) zu korrigiertem Bereich in der Amplitudenkorrektur zu erreichen, wurde der „Referenzpunkt“ für die Amplitude so gewählt, dass an der Startfrequenz der Filterkorrektur für die Amplitude (im Filtersatz) kein Pegelsprung entsteht. Dies ist mittels des rechten Schiebers für „Gain“ äußerst elegant kontrollierbar.
Nun wurde etwas getrickst, um auch für die Phasenkorrektur elegantere Einsatzbedingungen zu gewährleisten.
Es wurde nicht auf Impulsmaximum zum Zeitpunkt Sample 0 optimiert, sondern das Impulsmaximum des Lautsprecherimpulses etwas nach hinten verschoben, um an der Startfrequenz der Filterkorrektur keinen Phasensprung (im Filtersatz) zu bekommen. Zielphase sollte Null sein, also wurde der Eingangsimpuls so weit verschoben, dass an der Startfrequenz der Korrektur die Eingangsphase ebenfalls 0 betrug.
Der Trick des Verschiebens des Lautsprecherimpulses bietet sich an, um einen ruhigeren Verlauf der Korrektur außerhalb des Korrekturbereiches zu erhalten. Insbesondere bei geringen angestrebten Latenzen (also keine 2048 Taps wie bei mir im Test) sondern z.B. 512 oder gar nur 256 bietet dies einen glatten Frequenzgang unterhalb der Korrektureinsatzfrequenz, hier beispielhaft mir Latenz von nur 256 Taps (5ms):
Im unteren Fenster ist der Frequenzgang des Filters zu erkennen. Hier ist eine hohe Auflösung von 4096 Taps mit geringer Latenz 256 Taps kombiniert.
Jedoch ist dies Verfahren mit Vorsicht zu nutzen. Denn das Verschieben des Eingangspulses führt zu einem zeitlichen Auseinanderdriften von korrigiertem zu nicht korrigiertem Frequenzbereich. Und zwar ist der nicht bearbeitete Frequenzbereich um den Faktor 2x Anzahl verschobener Taps (dem entsprechenden Zeitäquivalent) dem bearbeiteten nachgelagert. Dass dies geschieht ist nachvollziehbar, jedoch erschließt sich mir nicht die Zeitverdoppelung.
So, nun aber endlich zu dem, was unter Korrektur aus dem Horn herauskommt und wieviel Verbesserung erreichbar ist. Eine kleine Änderung vorweg, diese Messungen wurden mit zusätzlichem HP im Mitteltonbereich von 419Hz / 24db But durchgeführt (also nicht wie die alten ohne jedes Filter zu Tiefen hin). Ich wollte mittesten, inwieweit die untere Grenzfrequenz für den Mittenbereich Probleme macht. Faktisch hat dies aber auf das Ausschwingen keine Wirkung gezeigt.
Zunächst als Referenz, das nur in Amplitudengang korrigierte Abklingspektrum:
Bild 1a: 0° , 2m, FIR-Koeffizienten (nur Amplitude) aus gemittelten und gewichteten Messungen generiert
Und hier unter Berücksichtigung des Zeitverhaltens:
Bild 1b: 0° , 2m, FIR-Koeffizienten (Amplitude + Phase) aus gemittelten und gewichteten Messungen generiert
Nicht so perfekt wie die Korrektur nur aus Daten aus 0° , aber durchaus eine deutliche Verbesserung.
Interessanter wird es nun, wie es unter anderen Winkeln aussieht, denn da schwächelte die bisherige Korrektur, bei der nur Daten aus einem einzigen Messpunkt als Berechnungsgrundlage herangenommen wurden. Es folgen nun immer Messpaare, ein Bild nur mir Amplitudenkorrektur und danach eins mit zusätzlicher Phasenberücksichtigung.
Bild 2a: 5° , nur Amplitude korrigiert
Bild 2b: 5° Amplitude und Phase korrigiert
Bild 3a: 10° , nur Amplitude korrigiert
Bild 3b: 10° Amplitude und Phase korrigiert
Bild 4a: 20° , nur Amplitude korrigiert
Bild 4b: 20° Amplitude und Phase korrigiert
Bild 5a: 30° , nur Amplitude korrigiert
Bild 5b: 30° Amplitude und Phase korrigiert
Genug der Bilder.
Untersucht wurde, ob eine weitere Glättung der Frequenz-/Phasengänge z.B. 1/24 oder 1/48 Oktav Verbesserungen boten, dies war nicht der Fall. Die „gröbere“ Glättung mir 1/24 Oktav führt zu schlechteren Ergebnissen, weil teilweise ein schlechteres Verhalten als reine Amplitudenkorrektur zu Tage tritt. Die Glättung mit 1/48 Oktav wäre noch verwertbar, teilweise etwas besser als ohne Glättung, teilweise etwas schlechter.
Es folgte eine kurze Prüfung auf Verhalten in andern Abständen, dies war nun aber unauffällig.
Derzeitiger Wissenstand (oder Statistik auf der Menge 1): So problematische Eigenschaften wie bei diesem großen Horn sind nicht mittels eines Messpunktes und einer anschließenden Glättung zu verbessern. Es bedarf mehrerer Messpunkte und einer Überführung in ein „typisches“ Grundverhalten. Damit kann einiges gewonnen werden, ohne zu Verschlechterungen in Randbereichen zu kommen.
Allgemein sei gesagt, würde im Burst-Decay nur ein Bereich von 30dB dargestellt werden, sähe das alles sehr gut aus und einiges besser als ohne Korrektur. Hier verschwänden die meisten Reflektionen unterhalb der -30dB Schwelle und es wäre das zügigere Ausschwingen leichter zu erkennen. Aber ich wollte bewußt zeigen, dass da "unten" noch was passiert.
Gehört ist nach wie vor nix (rechtes Horn ist noch nicht gemessen), ferner mache ich noch an einem Schmankerl rum, welches die Trennung zwischen Mid-Bass und dem Horn weichenseitig berücksichtigen soll. Erste Test sind vielversprechend, dazu kommt noch was. Ob das aber akustisch Vorteile bringen wird, derzeit unklar.
Grüße
Mattias