Entzerrung von Elektrostaten, Dipolen und Linearrays im Raum
Verfasst: 16.08.2016, 12:13
Morgen!
Endlich mit Erfolg abgeschlossen: Mein Kochrezept für alle Besitzer von Elektrostaten oder auch ähnlichen Konzepten wie Linearray oder Dipole.
Problem: Linearray oder Dipole lassen sich nicht Nahfeldentzerren.
Elektrostaten vereinen beides mit noch mehr Nachteilen (schalldurchlässig).
Auf Abstand hat man Raumeinflüsse.
Wie entzerre ich den Lautsprecher selbst vorab, ohne Raum?
Warum: Eine individuelle Nahfeldentzerrung (>200Hz) ist sinnvoll für hohe IACC Werte und tonale Detailauflösung. Wenn der Lautsprecher noch nicht abgestimmt oder in Rohfassung ist. Oder einfach keine perfekte 100.000€ Entwicklung.
Erste Ansätze:
Seit November 2015 bis heute habe ich diverse Ansätze verfolgt.
Nahfeldmessung: der Bass ist überbewertet. Die Membran ist zu groß. Wir hören im Mittelfeld <6 Meter. Die übliche Fern/Nahfeld-Kompensierung funktioniert nicht.
Außerdem bilden sich diverse Schallwandverzerrungen erst mit wachsender Distanz die sich je nach Position ändern.
Mittelfeld mit Beamforming:
Raumreflektionen werden nur etwas gemildert in hohen Frequenzen. Im Tiefton findet man gemittelt stabile Raumresonanzen die nicht zum Lautsprecher gehören. Außerdem sind restige Reflektion schlecht für hochaufgelöste Detailkorrekturen. Rauschabstand ist unzureichend und eine Restwelligkeit von 2dB der Reflektionen bleibt.
Freifeld Messung:
Messung im Freien ist nicht einfach. Es windet, die Vögel zwitschern, das Wetter ändert sich.
Temperaturschwankungen von 5° können schnell eine Membranresonanz von 1500 auf 1400 Hz verschieben.
Die Entzerrkurve passt nicht zum Wohnraum.
Der Boden reflektiert immer noch, eine Restwelligkeit bleibt. Groundplate Messungen bei Elektrostaten sind in etwa so einfach zu realisieren wie einen Kran zu mieten zwecks Bodenabstand.
Das Ideal wäre ein Schaumstoffhaus zwecks Geräuschabstand und Bodeneliminierung.
Das wird aber schnell aufwändig und teuer. Ein paar Quadratmeter muss der Raum haben, und 2 Meter hoch sein.
Die Lösung:
Wir müssen Schritt für Schritt ran.
Bilder folgen später, hier die Zusammenfassung:
0. Wir ummauern den Elektrostat mit 40cm starkem Basotect im U Form rundherum.
Dies minimiert die Rückwände. Wir legen Schaum auf den Boden um die erstreflektion zu verringern.
1. Nahfeldmessung
Der typische Elektrostat hat eine Bassrrsonanzfrequenz hoher Güte.
Wir messen auf 1cm Abstand von Unten nach Oben entlang der Membran.
Ein vertikales Beamforming eliminiert den Raum gänzlich.
Die Resonanz Güte lässt sich nun auf die Wunschgüte bringen.
2. Nahfeldmessung 1cm Ohrhöhe: wir entzerren die Messung um den BaffleStep.
344 / x Meter Schallwandbreite = xxx Hz. Wir falten die Messung mit einem LowShelv Shelving xxxHz, Güte 0.5, -6dB. Das Ergebnis wird auf 1/1 Oktave geglättet. Jetzt invertiert.
Wir erhalten einen Nahfeldlinearisierten Lautsprecher mit Wunschgüte.
3. Mittelfeldentzerrung:
Wir messen von 0.5 bis 1 Meter Abstand mit ca 10 Beamformings das Produkt Lautsprecher und Schallwandfehler. Wir Fenstern die Messung mit FDW 3/3 sehr kurz. Die Inverse entzerrt den Lautsprecher zart vor, nimmt erste OpenBaffle Druckverluste raus. Wir sehen die eigentlichen Fehler besser.
Mit diesem Vorfilter der zarten Glättung, messen wir das Beamforming noch einmal, für Links und Rechts getrennt.
4. Wir können jetzt dem Lautsprecher alle Fehler ausmerzen und Links Rechts haarklein matchen.
In der Nahfeldmessung haben wir gesehen dass der Lautsprecher im Tief und Grundton keinerlei Unlinearitaten besitzt und einer perfekten Hochpassfunktion folgt.
Wir konzentrieren uns also auf Mittel/Hochton.
Wir fenstern auf 5ms, glätten mit 1/24 Okt. und erhalten Kurve A.
Wir fenstern die Messung auf 10-20ms, glätten 1/24, Kurve B.
Wir setzen zusammen per SplitnJoin B + @2kHz + A.
Wir erhalten eine sehr detaillierte, reflektionsfreie, Kurve zur Invertierung für Links und Rechts.
Der Lautsprecher wird perfekt linear, >99.8% IACC möglich.
5. Wir messen das Gesamtprodukt L+R am Hörplatz.
Addieren beide Kurven. Fenstern FDW 3/3 oder max 6/6.
Nun können wir ganz klar einzig und allein die Open Baffle Fehler sehen.
Die Kurve zeigt sich sehr sehr ähnlich der Edge-Simulierung.
Die Raumeinflüsse der Moden sind durch Schaumkammer + Dipol = < +-5dB.
Durch links+rechts Mittelung < +-3dB.
Durch FDW3-6 schon < +- 0.5dB. Das letzte halbe dB kann man von Hand via Interpolation stutzen.
Heute Abend folgen Screenshots zu den einzelnen Schritten.
Dann kann man es einfacher nachvollziehen.
Gruß
Josh
PS: Bevor ihr fragt warum das Ganze??
Eine vorentzerrung des Lautsprechers macht Sinn. Man kann sich bei der Hörplatz Korrektur später nur auf die Raumkorrektur konzentrieren. Man muss dann Details nicht überbewerten. Der IACC steigt dramatisch.
Man hat eine Raumunabhängige Korrektur: Im Falle eines Umzugs ist die Nachabstimmung schnell geschehen.
Und die Phasenfehler des Lautsprechers sind unabhängig vom Raum identifizierbar, korrigierbar, vorhersehbar, und stabil perfektes Rechteck (welches sich später nur durch Moden im Nachschwingen verändert).
Viele Vorteile auf die man nicht verzichten will, insbesondere als Lautsprecher-Designer/Bauer/DIYler.
Endlich mit Erfolg abgeschlossen: Mein Kochrezept für alle Besitzer von Elektrostaten oder auch ähnlichen Konzepten wie Linearray oder Dipole.
Problem: Linearray oder Dipole lassen sich nicht Nahfeldentzerren.
Elektrostaten vereinen beides mit noch mehr Nachteilen (schalldurchlässig).
Auf Abstand hat man Raumeinflüsse.
Wie entzerre ich den Lautsprecher selbst vorab, ohne Raum?
Warum: Eine individuelle Nahfeldentzerrung (>200Hz) ist sinnvoll für hohe IACC Werte und tonale Detailauflösung. Wenn der Lautsprecher noch nicht abgestimmt oder in Rohfassung ist. Oder einfach keine perfekte 100.000€ Entwicklung.
Erste Ansätze:
Seit November 2015 bis heute habe ich diverse Ansätze verfolgt.
Nahfeldmessung: der Bass ist überbewertet. Die Membran ist zu groß. Wir hören im Mittelfeld <6 Meter. Die übliche Fern/Nahfeld-Kompensierung funktioniert nicht.
Außerdem bilden sich diverse Schallwandverzerrungen erst mit wachsender Distanz die sich je nach Position ändern.
Mittelfeld mit Beamforming:
Raumreflektionen werden nur etwas gemildert in hohen Frequenzen. Im Tiefton findet man gemittelt stabile Raumresonanzen die nicht zum Lautsprecher gehören. Außerdem sind restige Reflektion schlecht für hochaufgelöste Detailkorrekturen. Rauschabstand ist unzureichend und eine Restwelligkeit von 2dB der Reflektionen bleibt.
Freifeld Messung:
Messung im Freien ist nicht einfach. Es windet, die Vögel zwitschern, das Wetter ändert sich.
Temperaturschwankungen von 5° können schnell eine Membranresonanz von 1500 auf 1400 Hz verschieben.
Die Entzerrkurve passt nicht zum Wohnraum.
Der Boden reflektiert immer noch, eine Restwelligkeit bleibt. Groundplate Messungen bei Elektrostaten sind in etwa so einfach zu realisieren wie einen Kran zu mieten zwecks Bodenabstand.
Das Ideal wäre ein Schaumstoffhaus zwecks Geräuschabstand und Bodeneliminierung.
Das wird aber schnell aufwändig und teuer. Ein paar Quadratmeter muss der Raum haben, und 2 Meter hoch sein.
Die Lösung:
Wir müssen Schritt für Schritt ran.
Bilder folgen später, hier die Zusammenfassung:
0. Wir ummauern den Elektrostat mit 40cm starkem Basotect im U Form rundherum.
Dies minimiert die Rückwände. Wir legen Schaum auf den Boden um die erstreflektion zu verringern.
1. Nahfeldmessung
Der typische Elektrostat hat eine Bassrrsonanzfrequenz hoher Güte.
Wir messen auf 1cm Abstand von Unten nach Oben entlang der Membran.
Ein vertikales Beamforming eliminiert den Raum gänzlich.
Die Resonanz Güte lässt sich nun auf die Wunschgüte bringen.
2. Nahfeldmessung 1cm Ohrhöhe: wir entzerren die Messung um den BaffleStep.
344 / x Meter Schallwandbreite = xxx Hz. Wir falten die Messung mit einem LowShelv Shelving xxxHz, Güte 0.5, -6dB. Das Ergebnis wird auf 1/1 Oktave geglättet. Jetzt invertiert.
Wir erhalten einen Nahfeldlinearisierten Lautsprecher mit Wunschgüte.
3. Mittelfeldentzerrung:
Wir messen von 0.5 bis 1 Meter Abstand mit ca 10 Beamformings das Produkt Lautsprecher und Schallwandfehler. Wir Fenstern die Messung mit FDW 3/3 sehr kurz. Die Inverse entzerrt den Lautsprecher zart vor, nimmt erste OpenBaffle Druckverluste raus. Wir sehen die eigentlichen Fehler besser.
Mit diesem Vorfilter der zarten Glättung, messen wir das Beamforming noch einmal, für Links und Rechts getrennt.
4. Wir können jetzt dem Lautsprecher alle Fehler ausmerzen und Links Rechts haarklein matchen.
In der Nahfeldmessung haben wir gesehen dass der Lautsprecher im Tief und Grundton keinerlei Unlinearitaten besitzt und einer perfekten Hochpassfunktion folgt.
Wir konzentrieren uns also auf Mittel/Hochton.
Wir fenstern auf 5ms, glätten mit 1/24 Okt. und erhalten Kurve A.
Wir fenstern die Messung auf 10-20ms, glätten 1/24, Kurve B.
Wir setzen zusammen per SplitnJoin B + @2kHz + A.
Wir erhalten eine sehr detaillierte, reflektionsfreie, Kurve zur Invertierung für Links und Rechts.
Der Lautsprecher wird perfekt linear, >99.8% IACC möglich.
5. Wir messen das Gesamtprodukt L+R am Hörplatz.
Addieren beide Kurven. Fenstern FDW 3/3 oder max 6/6.
Nun können wir ganz klar einzig und allein die Open Baffle Fehler sehen.
Die Kurve zeigt sich sehr sehr ähnlich der Edge-Simulierung.
Die Raumeinflüsse der Moden sind durch Schaumkammer + Dipol = < +-5dB.
Durch links+rechts Mittelung < +-3dB.
Durch FDW3-6 schon < +- 0.5dB. Das letzte halbe dB kann man von Hand via Interpolation stutzen.
Heute Abend folgen Screenshots zu den einzelnen Schritten.
Dann kann man es einfacher nachvollziehen.
Gruß
Josh
PS: Bevor ihr fragt warum das Ganze??
Eine vorentzerrung des Lautsprechers macht Sinn. Man kann sich bei der Hörplatz Korrektur später nur auf die Raumkorrektur konzentrieren. Man muss dann Details nicht überbewerten. Der IACC steigt dramatisch.
Man hat eine Raumunabhängige Korrektur: Im Falle eines Umzugs ist die Nachabstimmung schnell geschehen.
Und die Phasenfehler des Lautsprechers sind unabhängig vom Raum identifizierbar, korrigierbar, vorhersehbar, und stabil perfektes Rechteck (welches sich später nur durch Moden im Nachschwingen verändert).
Viele Vorteile auf die man nicht verzichten will, insbesondere als Lautsprecher-Designer/Bauer/DIYler.