Hallo Frank,
beltane hat geschrieben:Der Flügel klingt im Vergleich zu anderen Instrumenten flach mit wenig Körper, wenig Resonanz beim Ausschwingen von Tönen. Das Cello kommt da schon besser rüber.
Die Situation war für einen Tonverantwortlichen unerfreulich: Die Flügelmechanik war reichlich heruntergespielt, die Hämmer abgeflacht, verhärtet, mit tiefen Saitenabdrücken, was zur merklichen Ungleichheit der Tonlagen und oberhalb mezzoforte streckenweise zu einem "Herausknallen" einzelner Töne beitrug. Zudem war sein Nachklang relativ kurz, etwa so wie bei kleineren Bechstein-Typen (sein tatsächliches Fabrikat habe ich längst vergessen). Wegen seiner zu hohen Lautstärke – und weil Johannes Cernota nicht ständig nur piano spielen mochte – mussten wir für die Aufnahmen den Flügeldeckel fast komplett schließen, was zu einem gewissen Mangel an Deutlichkeit und klanglicher Definition führte.
Der Raum selbst war viel zu niedrig (Deckenhöhe kaum 5 Meter) und wirkt dadurch auf der Aufnahme eher klein, dumpf und wenig lebendig, kurzum: uninteressant. Solche Charakteristika sind mit keinem Mittel der Welt zu kaschieren, solange der Raum überhaupt abgebildet werden soll (wozu es bei dieser Aufnahme keine Alternative gab).
Insgesamt klang die Flügel-Raum-Kombination ziemlich "bollerig" und der Flügel trotz aller Gegenmaßnahmen weiterhin viel zu wuchtig und vor allem matschig. Abhilfe brachten zwei sehr nah aufgestellte Druckempfänger als Stützmikrofone, die mit sehr geringem Anteil zugemischt wurden, um den Flügel etwas klarer, heller und schlanker erscheinen zu lassen, ohne dass sein Raum- und Entfernungseindruck ruiniert wurde.
Damit das Cello in der Klangfülle des Flügels nicht "absoff", sondern im Zweifelsfall eher führen bis dominieren konnte (was die Anlage der Kompositionen Chaplins nahelegt), musste dafür ein Stützmikrofon ebenfalls relativ nah aufgestellt werden. Ich wählte ein spezielles Exemplar mit einer für Studiozwecke eher unüblichen freifeldentzerrten Halbzoll-Druckkapsel (Brüel & Kjaer Typ 4145), damit das Cello trotz der bei Aufnahmen ungewöhnlichen Nähe zum Mikrofon (kaum 20 cm) einen möglichst weichen Klang mit viel "Schmelz" erhielt.
Heute würde ich dafür eher eine Kapsel mit deutlich geringerem Durchmesser und entsprechend höherer Grenzfrequenz wählen, um den für Verfärbung besonders empfindlichen Celloklang noch "reiner" über die Rampe zu bekommen. (So habe ich es auch bei den beiden Folgeproduktionen gehandhabt, die vom Aufbau her sich wesentlich unproblematischer gestalteten.)
Falls du weiteres Audiomaterial benötigst, welches als CDs nicht aufzutreiben ist, bin ich gerne bereit, mit entsprechenden flac-Dateien auszuhelfen.
Grüße, Peter