powerohr hat geschrieben:ich habe mich im Netz mal über sehr hochpreisige HighEnd Lautsprecher informiert.
Dort ist mit aufgefallen, dass einige Hersteller bei den Top LS vermehrt auf zusätzlich HT und MT Chassis auf der Rückseite zurückgreifen.
Hallo Torben,
vor 40 Jahren bewarb Bose seine 901 mit dem Argument, in einem Konzertsaal würde der Hörer 11% Direktschall und 89% reflektierten Schall empfangen. IsMirÜbl. Wenn ein natürliches Instrument aus einem Abstand auf mein Ohr trifft, kann ich etwa 1° von 360° rund um meinen Schädel erwarten, das wären ca 0,3% und nicht 11%.
9 Breitbänder, einer davon nach vorn, 3 parallelgeschaltete Serien-Dreiergruppen führten wieder zur selben Impedanz eines Chassis, der Klang wurde mit einem unverzichtbaren, einfachen Equalizer halbwegs hingebogen, ein externer 10-Band-Equalizer konnte das besser. Nach recht erfolgreichem Verkauf wurden 9 Chassis mit unter 1 Ohm in Serie geschaltet, was die Unzerstörbarkeit von den stärkeren 8 bewirkte, weil das schwächste Glied der Kette im Schadensfall zuerst durchbrannte und sie schützte.
Dass für 1 LS-Modell nicht 3 verschiedene Chassis, sondern nur 1 hergestellt werden musste, nicht 2 für ein Paar LS, sondern 18 vom selben Typ ist natürlich eine kalkulative Win-Situation für den Hersteller.
Die genannten 11% wecken die Skepsis, ob hier nicht nur ein Argument aus dem Ärmel gezaubert wurde, das besser passte als bei 4 (2Serienschalrungen parallel) oder 16 (4 Viererketten parallel) oder 25 (5 parallele Fünferketten), wobei es schwieriger würde, 16 oder mehr in einem Gehäuse unterzubringen, denn die Kugelform gab es ja schon als Grundig Audiorama (4TT, 4HT).
Vor der Wand aufgestellt, machten diese Bose 901 LS aus jeder Aufnahme eine aufgeblähte große Projektion, der allerdings die Greifbarkeit der einzelnen Instrumente und Solisten fehlte.
Jetzt war ich aber Böse...
Nach diesem Exkurs in die Vergangenheit unterscheide ich heute nach Dipol (wie Quad Elektrostaten, Magnepan), und Bipol (wie die Bose 901). Martin Logans Hybride (gewölbte Dipole und omnipolare Bässe) sind ein besonderer Fall für sich.
Dipole kamen u.a. im THX-Heimkino als Effekt-LS zum Einsatz. Allein betrieben löst sich die Lokalisation des LS weitgehend auf.
Wenn nun rückwärtig MT oder HT hinzugeschaltet werden (wie es z.B. bei Infinity Kappa 9 auch der Fall war), ist die Frage, ob gleichpolig oder invers.
Siegfried Linkwitz hat seinen Dipol Bass und Dipol MT aber direktstrahler-HT durch einen zusätzlich nach hinten (invertiert) abstrahlenden HT ergänzt und fand es bereichernd. Damit vervollständigte er das rückwärtig abgestrahlte Signal.
Man könnte auch sagen, das direkt abgestrahlte Signal, welches den Zuhörer erreicht, erscheint nun in der Klangfarbe wie das Diffussignal (was ohne den rückwärtigen HT nicht der Fall war).
Thorsten Lösch (Entwickler bei AMR) hat gern den Begriff Hallsoßenwerfer benutzt. Er ist aufschlussreich, entlarvend, abwertend, eine Warnung vor Missbrauch...
Ich habe auf den Norddeutschen HiFi-Tagen 2017 Boxen gehört, vorn Breitbänder, hinten einschaltbarer Zusatzhochtöner. Statt zu kotzen habe ich mich kurzerhand auf den Flur begeben, das innere Lachen bei der nächsten Vorführung verklang unter dem neuen Eindruck.
Vor vielen Jahren habe ich in einem bis auf wenige Stühle leeren Raum Pfleiderers FRS Lautsprecher mit Vorausentzerrung gehört, eine Metallkalotte, die über ein Dämpfungsglied die Tieftonmembran mitzog. Nur 1 Schwingspule. Dazu gab es erst Raumzusatzlautsprecher (in einem Gehäuse 3 Peerless Membranhochtöner, ausgerichtet nach links, oben, rechts), die dann in das größere LS-Gehäuse integriert wurden.
Heute nehmen wir einen TT und einen HT im Waveguide, preisen das kontinuierliche Bündelungsverhalten.
Für mich ist ein nach hinten abstrahlendes MT/HT System eine sehr zwiespältige Sache, deren Nutzen nur davon abhängt, wie sie mit dem Haupt-LS integriert wird, siehe Joachim(Diskus_DL).
Die Implementierung entscheidet ebenso, wie der zusätzliche HT mit dem umgebenden Raum zusammenspielt.
In jedem Fall gilt:
Da hat man was eigenes.
Ausprobieren, dafür würde ich einen zweiten Verstärker und ein weiteres Paar kleiner LS nehmen. So könnte man Pegel und Polarität ändern, ebenso die Position der Chassis verschieben, bevor man große Gehäuse mit zusätzlichen Löchern verunstaltet.
Versuch macht kluch!
Grüße Hans-Martin
sehe gerade: zitierter Joachim hat in der Zwischenzeit ja auch schon geantwortet