Jupiter hat geschrieben: ↑17.02.2022, 11:24
Was haltet ihr von dieser Aussage bzgl.
Gibt es Lautsprecher, die besonders räumlich klingen?
Dass es hier große Unterschiede geben soll, das hört und liest man ja immer wieder. Welch‘ ein Unsinn! Tatsächlich ist es nämlich so, dass ein Einzellautsprecher darauf keinerlei Einfluss nehmen kann. Räumliche Wiedergabe entsteht – abgesehen von diesbezüglich guten Aufnahmen – erst durch die Anwendung zweier gleicher Lautsprecher und bei absoluter Symmetrie in jeder Hinsicht. Begünstigt wird die räumliche Wiedergabe bestenfalls durch eine möglichst punktförmige Schallabstrahlung, aber auch diese sollte man nicht überbewerten, weil die räumliche Wiedergabe vor allem im Mitteltonbereich entsteht und gute Lautsprecher diesen Frequenzbereich meist sowieso ziemlich punktförmig abstrahlen.
Hallo Harald,
es gibt genügend Hinweise, dass Subwoofer die räumliche Abbildung verbessern können, ebenso Hochtöner, deren Übertragungsbereich über 20kHz weit hinausgeht.
Wenn man 2 Subwoofer in den Ecken platziert (und die bedeutendsten Raumresonanzen digital kompensiert), damit die Hauptlautsprecher entlastet und diese zeitlich verzögert, um das Zusammenspiel im Timing zu optimieren, schafft man eine Wiedergabe im Raum, die nicht von elementaren Auslöschungen im Bass beeinträchtigt wird, bzw. von den damit verbundenen Phasendrehungen.
Uli hat einst große Fortschritte bei Acourate gemacht, indem er alle Arten der Phase untersucht und optimiert hat, er schrieb in einem anderen Forum: Space, space, space!
Um die räumliche Wiedergabe zu verstehen, muss man sich nur vergegenwärtigen, wie Stereo funktioniert, nämlich auf Basis von Intensitätsunterschieden und Laufzeitunterschieden. Die tonale Qualität der Wiedergabe ist dabei weitgehend egal, billige Lautsprecher können genau so gut Stereo wiedergeben und räumlich klingen wie teure.
Laufzeit- oder Phasenunterschiede im Bass sollen dafür bei der Wiedergabekette vermieden werden.
Viele Aufnahmen enthalten aber keine Laufzeitunterschiede zwischen Kanälen, weil sie entweder von Mono-Signalen am Mischpult in jeweilige Position „gepannt“ wurden, deren Ortung prinzipiell nur von den Intensitätsunterschieden abhängt, auf die unser Hörsinn ab 1kHz aufwärts besonders spezialisiert ist.
Der Vorteil von Koaxialsystemen liegt deshalb m.E. in einer timing-gleichartigen Abstrahlung vertikal wie horizontal zu den Raumgrenzen, und wenn ein Hochtöner auf Polkernebene platziert ist, also die Tieftönermembran als Waveguide benutzt, kennt man einen unruhigen FG-Verlauf im oberen Bereich.
Über gute oder schlechte räumliche Wiedergabe entscheidet also nicht die „Hardware“ sondern einerseits die Software (die Aufnahme) und andererseits die Symmetrie bei der Wiedergabe. Sonst nichts (jetzt einmal abgesehen von völligen Schrottgeräten).
Ich habe einen Saba/K+H/Telewatt VS56 mit neuen Kondensatoren und NOS-Röhren ausgestattet. Er galt als Highlight der späten 1950er Jahre. Die Fähigkeit räumlicher Wiedergabe, wie sie für uns von Mitte der 1980er bis heute bei Röhren- wie Transistorgeräten selbstverständlich ist, war beim VS56 bestenfalls ansatzweise erkennbar, wenn es um Links-Rechts-Trennung ging. Raumtiefe: Fehlanzeige, Sänger vor die LS stellen: vergeblich. Preiswerter Transistorverstärker der 1960-70er Jahre kaum besser...
Beipackstrippen: wenig lebendig, unsauber in den Höhen, flach, wenig ausgedehnte räumliche Abbildung.
Einen guten Beweis für all‘ das liefert uns die Wiedergabe mit nur einem Lautsprecher. Wie beim Hören mit einem Ohr oder beim Sehen mit einem Auge gibt es dann keinerlei Räumlichkeit bzw. 3D-Effekt. Nur aufgrund von zwei unterschiedlichen, aber zusammenpassenden Informationen kann uns unser Gehirn „Räumlichkeit“ vermitteln.
Definiere Räumlichkeit! Meint es die authentische Ortbarkeit der Instrumente und Stimmen, oder einen Eindruck von dem die Bühne umgebenden Raum der Aufnahmelocation? Wenn das erste schon nicht gelingt, darf man ernsthafte Zweifel am zweiten bekommen. Was sich lateral außerhalb der Boxenposition zeigt, kann nur auf Phasendifferenzen basieren, die sind ein Mischmasch von Zufällen oder bewusst eingeführter Soundeffekte, oder ein Nebeneffekt der Stereo-Vinyl-Abtastung (Kanalübersprechen ist überwiegend gegenphasig (-polig)!)
Einäugige können oben von unten , links von rechts unterscheiden, und mit einer Kopfbewegung eine perspektivische Verschiebung auswerten, aus der sich die Entfernung abschätzen lässt. Räumliches Hören funktioniert aber nicht in allen Punkten wie Sehen.
Zum einen kann man einen einzelnen Lautsprecher umpolen, und dabei feststellen, dass je nach dem, ob das Musikmaterial invertiert oder mit positiver Polarität kommt, die Ausdehnung des wahrgenommenen Klangs variiert, von scharfer Ortung des LS als Quelle gegen diffusere Wiedergabe.
Hat die Aufnahme nach dem Direktschall eine Anfangszeitlücke und liefert dann den Nachhall des Aufnahmeraums, kann auch ein einzelner LS diese Raumtiefe wiedergeben, falls nicht der eigene Hörraum mit seiner Wand hinter den LS sich mit eigenen Reflexionen zu sehr einmischt. Mono kann Raumtiefe wiedergeben, ist dazu nicht auf den 2. LS angewiesen.
Und wenn man Mono eine Frauenstimme wiedergibt, und auf die Lokalisation der Höhe achtet, kann sie sich deutlich oberhalb der Chassis abspielen, je mehr Zischlaute übertragen werden.
Somit ergibt sich eine gewisse 3-Dimensionalität, wenn auch lateral bei weitem nicht vergleichbar mit Stereo, in den anderen Achsen aber ohne Beeinträchtigung.
Wie genau muss das alles sein?
Leider sehr genau. Und zwar deshalb, weil die Wellenlängen im entscheidenden Mitteltonbereich nur 1- 4 Dezimeter lang sind und somit eine Kopfverschiebung links/rechts um nur wenige Zentimeter bereits hörbare Fehler verursacht.
Der anspruchsvoller Hörer wird automatisch die Mitte suchen wo sich eine gute Fokussierung ergibt.
Dazu kommt: desto besser alles stimmt – bzw. desto genauer beide Lautsprecher ihren Schall auf einen Punkt (Kopf des Hörers) fokussieren („Sweetspot“), umso besser ist die räumliche Wiedergabe, aber auch umso dramatischer die Auswirkungen bei kleinen Unzulänglichkeiten.
Bei CD-Wiedergabe klebt oft der Klang an den LS, man kann deren Position deutlich erkennen.
Ich habe das beim exakten Einwinkeln der LS auf den Hörplatz auch auf Biegewellenmuster (Fehler) der Konusmembranen zurückgeführt.
Somit ergibt sich: Stereo (ebenso Surround) und räumliches Hören gibt es nur an einem sehr kleinen Punkt vor den Lautsprechern. Gemeinsames Hören funktioniert – wenn überhaupt – nur beim Sitzen hintereinander (die hinten sitzende Person müsste zudem noch größer sein, bzw. höher sitzen), aber niemals nebeneinander.
Wenn man den Raum auf der Stereoachse abgeht, bekommt man trotz seitlicher Symmetrie recht unterschiedliche Eindrücke von der räumlichen Projektion der LS, auch gibt es Klangfarbenunterschiede, die mit Raummoden zusammenhängen. Es können nicht 2 Personen sowohl auf der Stereoachse und am optimalen Schnittpunkt der Raummoden sitzen, der Sweetspot ist m.E. mehr vom Raum (und seinen Moden) bestimmt, weniger vom Abstand der LS untereinander, aus denen sich nach der Dreiecksregel der Hörabstand berechnen ließe.
Grüße
Hans-Martin
P.S.:
Wenn ich nach dem Ausschlussverfahren an das Thema herangehe, fällt mir als erstes Negativum die klassische 3-(oder noch mehr-)Wege Box ein, wo der Mitteltöner gegenüber dem Tieftöner zudem verpolt war. Noch schlimmer, wenn nebeneinander jeweils MT und HT bei beiden Kanälen nicht symmetrisch positioniert sind, sondern beide Gehäuse gleichförmig bestückt (doppelte Menge = kostengünstige Produktion).
Wie deutlich hob sich davon positiv die 2-Wege Box ab, deren Hochtöner oberhalb 1kHz einsetzte. Ein TMT-Chassis, welches den Grundton hinreichend abdeckt, ggf. tieffrequent durch einen Zusatzbass unterstützt wird (2 ½ Wege) und ein HT, dessen Pegel vorrangig zählt, Phase hingegen weniger.
Auch wenn die erste Veröffentlichung einer Tonaufnahme noch zu guter räumlicher Abbildung instande war, haben die Tontechniker es später mittels Dynamikkompression geschafft, alle Musiker gleichberechtigt an die Vorderkante der Bühne zu schieben. Da ist von Raum nicht mehr viel zu spüren.